Ein turbulenter Tag in London: Der ehemalige Premierminister David Cameron kehrt in die britische Regierung zurück. Die Innenministerin dagegen wird entlassen, ebenso die Umweltministerin. Mit einer Rochade in seinem Kabinett versucht Rishi Sunak seine ramponierte Regierung wieder auf Kurs zu bringen.
Wenn frühmorgens über Hundert Medienschaffende in 10 Downing Street herumstreichen, dann wird es in der britischen Politik meist dramatisch. Das heutige Drama begann mit der Entlassung von Suella Braverman. Die Innenministerin hat in den vergangenen Tagen mit ihren Äusserungen die Geduld der britischen Öffentlichkeit arg strapaziert. Und insbesondere die bereits angeschlagene Autorität des Premierministers untergraben. Es war deshalb nicht mehr die Frage, ob die ausser Kontrolle geratene Ministerin gehen muss, sondern lediglich wann.
Cameron mit viel Erfahrung auf diplomatischem Parkett
Überraschender war dagegen die Schlagzeile, mit der beim Frühstück noch niemand gerechnet hat: Neuer britischer Aussenminister wird der frühere Premierminister David Cameron.
Mit ihm ernennt Rishi Sunak einen Mann mit grosser Erfahrung auf dem aussenpolitischen Parkett. Ein Ort, der nie die Komfortzone des ehemaligen Bankers Sunak war. Doch mit dem Krieg in der Ukraine und der Krise im Nahen Osten ist im britische Aussenministerium eine sichere Hand gefragt. Diese Berufung erlaubt es Rishi Sunak, sich auf die Innenpolitik zu konzentrieren und insbesondere auf die nächsten Wahlen.
Stimmung bei den Tories ist toxisch
Die Umschichtung, die wir in diesen Stunden in der britischen Regierung erleben, ist ein Befreiungsschlag. Sunak will Stärke demonstrieren und im Hinblick auf die kommenden Wahlen einen Neuanfang markieren. Damit verschafft er sich ein bisschen Luft, aber diese ist arg belastet. Die Stimmung in der konservativen Partei ist toxisch und deren Umfragewerte schlecht. Mit der Entlassung von Braverman sitzen die Hardliner zwar nicht mehr am Kabinettstisch, aber sie können Sunak das Leben auch im Parlament schwer machen.
Die Entlassung einer Ministerin, die Obdachlose, Migrantinnen und Friedensaktivisten beleidigt, könnte aber auch ein Zeichen sein, dass Sunak die Tonalität in der Regierungspartei justieren will. Suella Braverman hat die Galerie der konservativen Falken ziemlich erfolgreich bespielt, aber Mehrheiten gewinnt man damit eher weniger.
Cameron ist auch eine politische Altlast
David Cameron gehört dagegen klar zur moderaten Fraktion. Aber mit ihm kehrt ausgerechnet jener Politiker auf die Bühne zurück, der für das grösste aussenpolitische Debakel der jüngeren britischen Geschichte verantwortlich ist.
Der Brexit hat das Vereinigte Königreich und die britische Gesellschaft bis heute gespalten und ebenso den Niedergang der konservativen Partei beschleunigt. Rishi Sunak hat sich mit Cameron in schwierigen Zeiten Erfahrung und Kompetenz ins Kabinett geholt, aber ebenso eine politische Altlast.