Die Ankunft des Königs im Parlament verlief ortsüblich mit Fanfaren – und einer Geiselnahme. Denn das Verhältnis zwischen Monarch und Parlament war in der britischen Geschichte nicht immer ganz entspannt: James I. wurde im 17. Jahrhundert im Parlament beinahe Opfer eines Bombenanschlags. Andere Monarchen wurde in Westminster zum Tode verurteilt. Deshalb wird bis heute immer ein Parlamentarier in den Buckingham Palace verbracht, während der König im Parlament weilt – gewissermassen als Sicherheitsgarantie.
Die Parlamentsrede des Königs ist jedoch weit mehr als eine historische Kostümveranstaltung. Der Monarch verliest vor dem versammelten Parlament die politischen Prioritäten seiner Regierung für die kommende Legislatur:
Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine hätten auch im Vereinigten Königreich Spuren hinterlassen, las der König. Die Wirtschaft habe gelitten, die Energiepreise seien gestiegen, seine Regierung werde aber alles tun, um das Land in eine bessere Zukunft zu führen.
Eigenes Öl und Gas erschliessen
Mit neuen Gesetzen soll etwa die britische Energieversorgung sicherer werden: «Das Königreich soll nicht mehr auf Öl und Gas aus feindlichen Ländern angewiesen sein. Aus diesem Grund werden fortan jährlich neue Lizenzen vergeben, damit in der Nordsee neue Öl- und Gasvorkommen erschlossen werden können. Mit den damit verbundenen Einnahmen kann Grossbritannien schneller klimaneutral werden, ohne die britischen Haushalte mit zusätzlichen Steuern zu belasten.»
Dass ausgerechnet Charles III., der sich seit Jahrzehnten für den Umwelt- und Klimaschutz starkmacht, die Förderung von fossiler Energie verkünden muss, ist seinem neuen royalen Amt geschuldet. Die politische Agenda wird von Premierminister Sunak bestimmt.
Härtere Linie gegen Kriminalität, Terror und Migration
Der Monarch amtet gewissermassen als Bauchredner und hat das Regierungsprogramm ohne mit der Wimper zu zucken Punkt um Punkt zu verlesen: «Meine Regierung wird dafür sorgen, dass die britische Gesellschaft sicherer wird. Kriminalität, Terror und asoziales Verhalten werden bekämpft – ebenso illegale Migration.»
Die britische Regierung möchte zudem, dass Gewaltverbrecher länger im Gefängnis sitzen und nicht mehr frühzeitig aus der Haft entlassen werden. Auch notorische Ladendiebe sollen künftig ins Gefängnis müssen, wobei diese bereits heute übervoll sind.
Hehre Gesundheitspläne mit ungewissem Ausgang
Kürzer werden sollen dagegen die Warteschlangen im britischen Gesundheitswesen. Auch diese Ankündigung ist nicht wirklich neu. Aber sie zeigt, wohin Premierminister Rishi Sunak das Land führen möchte, wenn er am Ende der Legislatur überhaupt noch im Amt ist.
Umfragen deuten im Moment darauf hin, dass die Zukunft für die Konservativen bei den nächsten Wahlen eher schlecht aussieht. Einige der heutigen Verheissungen könnten deshalb unerfüllt bleiben.