Der Ärmelkanal zwischen Frankreich und Grossbritannien ist eine der gefährlichsten Wasserstrassen der Welt. Trotzdem haben den Kanal allein im vergangenen Jahr mehr als 45'000 Männer, Frauen und Kinder überquert. Sie kommen aus Albanien, Afghanistan oder Syrien und hoffen auf ein sichereres und besseres Leben in Grossbritannien.
Weder Wind, Wetter noch Gesetze halten sie ab. Allein in den ersten Monaten dieses Jahres sind bereits 3000 Bootsmigrantinnen und -migranten an der südenglischen Küste gestrandet.
Viele Ideen – aber nicht umsetzbar
Die kleinen Boote sind der konservativen Regierung und ihrer Wählerschaft seit Jahren ein Dorn im Auge. An Ideen, wie man die Einwanderung stoppen könnte, fehlte es der Regierung nicht wirklich. An praktikablen Umsetzungsvorschlägen hingegen schon.
Die Boote zurück in französische Gewässer abzudrängen, erwies sich als Verstoss gegen internationales Seerecht. Auch der Plan, illegale Einwanderer auf ausrangierten Ölplattformen unterzubringen, musste bald einmal verworfen werden.
Nun hat die britische Innenministerin Suella Braverman einen neuen Anlauf genommen. Denn die Boote würden erst ausbleiben, wenn die ganze Welt wisse, dass illegale Migranten verhaftet und ausgeschafft würden, sagte sie.
Verhaftet und umgehend ausgeschafft werden
Deshalb: Wer künftig illegal an der südenglischen Küste strandet, soll inhaftiert und spätestens nach 28 Tagen ausgeschafft werden – entweder zurück in die Heimat oder in ein sicheres Drittland.
Migrantinnen und Migranten in das ostafrikanische Land Ruanda auszufliegen, ist dabei – trotz Bedenken von Menschenrechtsorganisationen und hängigen Gerichtsverfahren – erneut vorgesehen. Zusätzlich soll Personen, die illegal nach Grossbritannien kommen, künftig das Recht verwehrt werden, die britische Staatsbürgerschaft zu beantragen.
Flüchtlingshilfswerke bezeichnen das Gesetz als drakonisch. Abschreckung ist jedoch genau das Ziel der neuen Vorlage. Zudem ist sie populär. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass gut die Hälfte der britischen Bevölkerung eine Verschärfung der Einwanderungsgesetze begrüsst.
Ausschaffung oftmals gar nicht möglich
Populär heisst allerdings nicht praktikabel. Selbst konservative Politikerinnen und Politiker haben ihre Bedenken. Es nütze nichts, immer neue und strengere Gesetze zu schreiben, wenn sie sich nicht umsetzen liessen, sagen manche.
Denn ausschaffen kann man Migrantinnen und Migranten nur, wenn andere Länder sie aufnehmen – seien es ihre Heimatländer oder jene Staaten, aus denen sie eingereist sind.
Dazu braucht es Abkommen. Genau ein solches erhoffen sich optimistische konservative Wählerinnen und Wähler von ihrem Premierminister Rishi Sunak, wenn dieser am kommenden Freitag in Paris Staatspräsident Emmanuel Macron besucht.