- Ein italienischer Ermittlungsrichter hat nach der Vernehmung der deutschen Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete die Entscheidung über einen möglichen Haftbefehl auf Dienstag vertagt.
- Das bedeute, dass Rackete mindestens bis Dienstag unter Hausarrest stehen werde, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer.
Die Staatsanwaltschaft wirft der 31-Jährigen Widerstand gegen ein Militärschiff und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. Ihr könnte auch eine Anklage wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung und im schlimmsten Fall Haft drohen.
Umstrittene Festnahme
Rackete war am Samstag mit dem Schiff «Sea-Watch 3» mit 40 Migranten unerlaubt nach Lampedusa gefahren. Sie wurde anschliessend festgenommen und auf der sizilianischen Insel unter Hausarrest gestellt. Die italienische Gesetzgebung sieht für das unerlaubte Einfahren nach Italien bis zu 50'000 Euro Strafe vor. Die «Sea-Watch 3» wurde beschlagnahmt.
Nach der Festnahme der deutschen Kapitänin in Italien erwartet Entwicklungsminister Gerd Müller eine schnelle Reaktion der EU. «Die Sea-Watch-Kapitänin hat in einer absoluten Notlage gehandelt. Deswegen erwarte ich, dass Brüssel hier ein deutliches Signal sendet und die sofortige Freilassung einfordert», sagte Müller im Interview der «Passauer Neuen Presse».
Er vertrat zudem die Ansicht, die EU müsse eine neue europäische Sofortregelung zur Seenotrettung im Mittelmeer beschliessen. «Ausgerechnet jetzt überlässt die EU die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer ihrem Schicksal und beendet die Mission Sophia», sagte Müller. Dies sei «ein unerträglicher Zustand angesichts von fast 600 Ertrunkenen im Mittelmeer allein dieses Jahr».
Die Seenotrettung sorgt seit langem für Streit innerhalb der Europäischen Union. Die EU-Länder können sich nicht auf einen Mechanismus zur Verteilung der Bootsflüchtlinge einigen. Eine Lösung ist trotz des erheblichen Drucks, den die populistische Regierung in Rom seit einem Jahr in der Frage ausübt, nicht zu erkennen.
Ekkehart Rackete hofft auf Intervention Berlins
Racketes Vater hofft auf den Einsatz der Bundesregierung. «Ich denke, der internationale Druck auf die italienische Regierung wird einiges bewirken», sagte Ekkehart Rackete aus dem niedersächsischen Hambühren.
Er halte das südeuropäische Land aber «nach wie vor» für einen souveränen Rechtsstaat und mache sich keine grossen Sorgen um seine Tochter. Erst gestern habe er mit ihr telefoniert: «Sie ist lustig und guter Dinge und sieht der ganzen Sache eigentlich gelassen ins Auge.»