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Ecuador: Wie weiter nach den tödlichen Unruhen?
Aus HeuteMorgen vom 14.10.2019. Bild: Imago
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Deeskalation im Benzin-Streit «Die Lage in Ecuador bleibt explosiv»

Nach bürgerkriegsähnlichen Zuständen mit sieben Toten und Hunderten von Verletzten hat Ecuadors Präsident Lenin Moreno die Benzinpreiserhöhung zurückgenommen. Die rasche Einigung komme unerwartet, doch die Lage könne sich mit dem anhaltenden Spardruck jederzeit wieder ändern, sagt die Journalistin Sandra Weiss.

Sandra Weiss

Journalistin in Mexiko

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Die gebürtige Deutsche lebt und arbeitet seit 1999 als Journalistin in Lateinamerika. Sie berichtet von dort aus für diverse deutschsprachige Medien.

SRF News: Wie ist die aktuelle Lage in Quito?

Sandra Weiss: Nach den einwöchigen schweren Unruhen ging es jetzt doch überraschend schnell. Innerhalb von sieben Stunden sind beide Seiten stark aufeinander zugegangen und von ihren Maximalforderungen abgerückt.

Die Indigenen versprechen, die Proteste einzustellen. Ist damit der Konflikt endgültig vom Tisch?

Es ist zumindest eine enorme Deeskalation, aber wirklich gelöst ist das Problem damit nicht. Denn Präsident Moreno nimmt das Dekret über die Benzinpreiserhöhung zwar zurück, hat aber bereits ein neues angekündigt. Was drinsteht, ist noch völlig unbekannt. Mit weiteren Einsparungen und Preiserhöhungen ist aber in absehbarer Zeit zu rechnen. Die finanzielle Lage Ecuadors ist sehr prekär. Das Land braucht den Kredit des Weltwährungsfonds (IWF) und muss entsprechende Sparauflagen erfüllen.

Das Loch in der Staatskasse ist da. Wen wird das treffen?

Es ging bekanntlich nicht nur um die Benzinpreiserhöhung, die ein Teil des Reformpakets war. Es soll auch Steuer- und Arbeitsreformen geben. Das wird vor allem jene treffen, die jetzt bereits auf der Strasse waren. Also die Unter- und Mittelschicht, die arbeitende Bevölkerung, die Bauern und wahrscheinlich auch die Indigenen auf irgendeine Weise. Insofern ist viel Konfliktpotenzial vorhanden.

Auch das neue Reformprojekt wird jene treffen, die bereits jetzt auf der Strasse waren.
Autor: Sandra Weiss Journalistin, Lateinamerika-Expertin

Schnelle Einigung, aber keine Lösung. Sind Demonstrationen jederzeit wieder möglich?

Proteste sind jederzeit wieder möglich. Letztlich war der Benzinpreis ohnehin nur ein Vorwand für den tieferliegenden Unmut in der Bevölkerung. Der eigentliche Bruch in Ecuador besteht zwischen Präsident Moreno und seinem Amtsvorgänger Rafael Correa. Dieser vertritt die linkspopulistische Strömung, die sich an Venezuela und Bolivien orientiert. Moreno hat sich davon abgewandt und paktiert mit dem konservativen Unternehmer- und Bürgertum. Das hat die Situation vergiftet. Dieser ideologische Konflikt durchzieht die ganze Gesellschaft.

Ecuador/Moreno.
Legende: Ecuadors Präsident Moreno (L) und UNO-Vermittler Arnaud Peral während den Verhandlungen in Quito. Keystone

Morenos liberaler Wirtschaftskurs ist bei der Mittel- und Unterschicht unpopulär. Also bei den Indigenen, Bauern, Gewerkschaftern, Studenten und Umweltschützern. Insofern war sein taktischer Rückzug jetzt klug. Aber seine Autorität ist dadurch mittelfristig geschwächt worden.

Was heisst das, wenn der Präsident nachgibt?

Es ist auf jeden Fall ein Gesichtsverlust für Moreno. Er hat allerdings grosse Unterstützung in der Unternehmerschaft und in der Oberschicht und wird jetzt weiter versuchen, so zu regieren. Er ist wohl aber eine Art Übergangspräsident, der keine Chance hat, jemals wiedergewählt zu werden. Moreno wird versuchen, seine Amtszeit zu Ende zu bringen, ohne dass das Land völlig kippt. Aber danach werden die Konflikte wahrscheinlich weiter aufbrechen.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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