Der deutsche Kanzler Olaf Scholz reist zu einem Kurzbesuch nach Peking. Dort wird er den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping treffen – als erster westlicher Regierungschef seit Xis Wiederwahl. Für ganze elf Stunden weilen Scholz und eine deutsche Wirtschaftsdelegation am Freitag in der chinesischen Hauptstadt.
Kurz vor seiner Abreise kündigte der SPD-Politiker in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» einen Kurswechsel gegenüber China an. «Das China von heute ist nicht mehr dasselbe wie noch vor fünf oder zehn Jahren», schrieb Scholz. «Es ist klar: Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern.»
Abhängigkeiten von China abbauen
Zwar sprach sich der Kanzler in dem Zeitungsbeitrag gegen eine wirtschaftliche Entkopplung von China aus. Einseitige Abhängigkeiten müssten aber abgebaut werden. Scholz kündigte auch an, bei seinen Gesprächen mit der chinesischen Führung «schwierige Themen» wie die Achtung der Menschenrechte nicht ausklammern zu wollen.
Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern.
Beunruhigt äusserte sich Scholz zur angespannten Lage rund um Taiwan. Eine Veränderung des Status quo dürfe nur friedlich und in gegenseitigem Einvernehmen erfolgen, gemahnte er. Xi Jinping hatte auf dem Parteitag erneut mit einer Eroberung der Insel gedroht.
Kritik aus der eigenen Regierungskoalition
Die Ankündigungen Scholz' folgen auf Kritik an der bisherigen China-Politik des Kanzlers – auch aus den Reihen der Regierungskoalition. Sowohl Grüne wie FDP äusserten grosse Bedenken, etwa wegen der Tatsache, dass der Besuch in Peking so kurz nach Xis Wiederwahl als Staats- und Parteichef stattfindet.
Dass Scholz mit einer Wirtschaftsdelegation nach Peking reist, zeigt schon, wo er einen Schwerpunkt setzt.
Aus Kreisen von Scholz hiess es dazu, Themen wie der Krieg in der Ukraine könnten nicht auf die Lange Bank geschoben werden, wie SRF-Deutschland-Korrespondentin Simone Fatzer weiss. Auch werde Xi auch in ein paar Wochen oder Monaten noch immer Chinas starker Mann sein, an dieser Tatsache ändere sich mittelfristig kaum etwas.
Deutsche Wirtschaftsdelegation reist mit
Doch nicht nur der Zeitpunkt der Reise sorgte für Kritik. Grüne und FDP drängen auch auf eine Abkehr der bisherigen Handelspolitik Deutschlands gegenüber China. Doch eine solche hat Scholz – auch wenn er von einem Abbau der Abhängigkeiten spricht – nicht im Sinn. Immerhin reist er mit einer Wirtschaftsdelegation nach Peking.
China ist der grösste Handelspartner Deutschlands, die Investitionen von deutschen Firmen in China nehmen laufend stark zu. In gewissen Bereichen ist die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China viel grösser als sie es von Russland je war. «Trotzdem fehlt hier ein klares Zeichen, das ändern zu wollen», sagt Korrespondentin Fatzer.
Welche Rolle sollen Menschenrechte spielen?
Ein weiterer Kritikpunkt an Scholz' Reise ist der Umgang mit den Menschenrechten durch die Pekinger Führung. Zwar schlössen sich Handel und das Festhalten an Menschenrechten ja nicht grundsätzlich aus, sagt die Korrespondentin. Allerdings: «Dass Scholz mit einer Wirtschaftsdelegation anreist, zeigt schon, wo er einen Schwerpunkt setzt.»
Von seiner derzeit in Asien weilenden grünen Aussenministerin Annalena Baerbock wurde Scholz denn auch daran erinnert, in Peking deutlich zu machen, dass Menschenrechte, faire Wettbewerbsbedingungen und internationales Recht bei der Zusammenarbeit sehr zentrale Dinge seien.