Die deutsche Regierung streitet zurzeit über die Abhängigkeit von China und die künftige China-Strategie. Als Exempel dient der Hamburger Hafen, wo sich die staatliche chinesische Reederei Cosco mit 35 Prozent an einem Terminal beteiligen will. Grüne und FDP sind dagegen, ganz zum Ärger von SPD-Kanzler Olaf Scholz, der in zwei Wochen in Peking Präsident Xi treffen will. Die Bundesregierung könnte durchaus etwas selbstbewusster vorgehen, schätzt «Handelsblatt»-Korrespondentin Dana Heide.
SRF News: Was ist problematisch beim China-Deal im Hamburger Hafen?
Dana Heide: Kritiker stört es, dass Cosco ein Staatskonzern unter direkter Kontrolle der chinesischen Staatsführung ist. Cosco kaufte sich in den letzten Jahren zusammen mit einem anderen Unternehmen systematisch in europäische Häfen ein, wo sie mittlerweile mindestens 14 Beteiligungen haben. Es wird befürchtet, dass der Hamburger Hafen abhängiger wird und die Chinesen stärkeren Einfluss in Deutschland bekommen.
Die Befürworter finden, der Hamburger Hafen stehe nicht besonders gut da, brauche die wirtschaftliche Unterstützung und zudem sei es nur eine Minderheitsbeteiligung.
Kanzler Scholz plant mitten im Streit eine China-Reise. Ist die Reise in der Regierung ähnlich umstritten?
Die Reise an sich nicht. Dass Scholz jetzt aber die Wirtschaftsdelegation mitnimmt und quasi «business as usual» macht, als ob nichts gewesen ist, stösst in Teilen der Bundesregierung auf Kritik. Denn man ist gerade daran, die grosse Abhängigkeit von Teilen der deutschen Wirtschaft zu diskutieren.
Wie sieht die China-Strategie von Scholz aus? Hat er einen Plan für den Fall, dass China Taiwan angreift und vom Westen sanktioniert würde?
Eine China-Strategie wird in der Bundesregierung zurzeit erarbeitet und da gehört auch das Bundeskanzleramt dazu. Die Strategie ist noch nicht fertig, weil der Ukraine-Krieg dazwischengekommen ist. An sich gibt es aber auch von Scholz die Ansage, die Unternehmen sollten nicht alle ihre Eier in einen Korb legen. Er betont aber immer wieder, man solle sich nicht von China entkoppeln, was übrigens auch niemand in der Bundesregierung will. Es werden aber unterschiedliche Signale ausgesendet, auch mit dieser Reise.
Wie kommt diese Reise von Scholz in Brüssel an, mit einer Wirtschaftsdelegation in Peking?
Offenbar auch nicht so gut. Scholz muss das eben auch stärker absprechen mit Europa. Deutschland hat da wegen seiner Rolle gegenüber mit Russland nicht den besten Stand. Auch vor dem Einstieg der Chinesen beim Hamburger Hafen hat die EU-Kommission schon gewarnt.
Wie gross wäre der Schaden für Deutschland, wenn die Regierung den Hamburger Hafendeal zurückziehen würde?
China wäre sicher nicht erfreut. Da wurde wohl auch starker Druck auf politische und wirtschaftliche Akteure ausgeübt, dass der Deal bewilligt wird. Für China hat es eine hohe strategische Priorität, dass die maritime Macht ausgebaut wird. Auf der anderen Seite macht es China genauso. Es wäre laut Experten nicht möglich, dass sich ein deutsches oder ein europäisches Unternehmen einfach so einen grossen Teil des Schanghaier Hafens schnappt.
Die Bundesregierung könnte möglicherweise etwas selbstbewusster vorgehen.
China hat da also durchaus ein Verständnis dafür, dass gewisse kritische Infrastrukturen von ausländischen Unternehmen unangetastet bleiben sollten. Deshalb könnte die Bundesregierung möglicherweise etwas selbstbewusster vorgehen. China hat zudem ein grosses Interesse, mit Deutschland weiterhin zu kooperieren, was etwa mit den USA nicht mehr so gut klappt.
Das Gespräch führte Roger Brändlin.