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Deutschland Bundestag bewilligt 500 Milliarden schweres Finanzpaket

  • Der Deutsche Bundestag hat ein historisches Finanzpaket bewilligt.
  • Das Parlament hat eine Lockerung der Schuldenbremse zugunsten höherer Verteidigungsausgaben und ein Sondervermögen Infrastruktur von 500 Milliarden Euro beschlossen.
  • Bei der namentlichen Abstimmung wurde die notwendige Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundgesetzes erreicht, teilte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas mit.

CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz rechtfertigte die geplanten Milliardenschulden mit der Sicherheit Deutschlands, Europas und der Nato. «Es ist ein Krieg auch gegen unser Land, der täglich stattfindet», sagte der voraussichtlich nächste Bundeskanzler mit Blick auf Russland. Er kündigte Sparmassnahmen und einen Rückbau der Bürokratie an.

Friedrich Merz im Bundestag
Legende: Der künftige Bundeskanzler Friedrich Merz spricht sich für das Finanzpaket aus. Keystone / dpa, EBRAHIM NOROOZI

SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil warb mit Vorteilen der geplanten Investitionen für Bürger und Bürgerinnen. «Dieses Paket wird die Mehrheit der Menschen in ihrem Alltag entlasten.» Auch er pochte auf Reformen. Geld alleine könne die Herausforderungen des Landes nicht lösen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte: «Unsere Sicherheit darf nicht durch haushaltspolitische Zwänge gefährdet werden.»

FDP und AfD gegen Paket

Scharfe Kritik kam hingegen von FDP und AfD. FDP-Fraktionschef Christian Dürr, dessen Partei dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören wird, warf der Union vor, sich gegen wirtschaftlichen Erfolg des Landes zu entscheiden. «Viel Geld, keine Reformen. Das wird Ihre Kanzlerschaft kennzeichnen», sagte Dürr an Merz gewandt.

Tino Chrupalla im Bundestag
Legende: Sieht die Schulden in den Himmel steigen: AfD-Fraktionsvorsitzender Tino Chrupalla. Keystone / dpa, HANNES P ALBERT

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla warf Merz vor, nicht nur kein Rückgrat zu haben, sondern inzwischen «komplett wirbellos» zu sein. «Hier soll planlos die Staatsverschuldung in den Himmel getrieben werden», kritisierte Chrupalla.

Auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit nötig

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Nicht nur im Bundestag ist eine Zweidrittelmehrheit nötig, sondern auch im Bundesrat, der deutschen Länderkammer. Die dürfte aber stehen, nachdem sich in Bayern am Montag CSU und Freie Wähler auf eine Zustimmung geeinigt hatten.

Auch die Bundesländer profitieren von dem Finanzpaket deutlich: Nicht nur bekommen sie 100 der 500 Milliarden Euro für Infrastrukturbauten und den Klimaschutz. Sie dürfen dann künftig zusammen auch Schulden in Höhe von 0.35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen – bisher gilt für die Länder eine Schuldengrenze von null.

Änderungen im Grundgesetz nötig

Bei Verteidigung und Instandsetzung der Infrastruktur gibt es in Deutschland einen riesigen Investitionsstau. Christdemokraten und Sozialdemokraten, die aktuell über eine neue Regierungskoalition verhandeln, sind der Meinung, dass sie das ohne hohe Schulden nicht lösen können. Deshalb haben sie eine Verschuldung mit mehreren Grundgesetzänderungen vorgeschlagen, für die sie allein aber nicht die nötige Mehrheit haben.

Einschätzung von Stefan Reinhart, Leiter Auslandkorrespondenten

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Das ist eine historische Entscheidung: Noch nie hat in Deutschland ein Parlament so viel Geld, ein so grosses Schuldenpaket auf einmal beschlossen. Es kommt jetzt darauf an, was der wohl nächste Bundeskanzler Friedrich Merz und die SPD in ihrer Regierungskoalition aus dem Finanzpaket machen. Gelingen echte Reformen, echte Verschlankungen in der Bürokratie, echte Investitionen in Brücken, Strassen, Schulen und die Bahn? Und natürlich, kann die Bundeswehr rasch verteidigungsfähig gemacht werden? Oder versickern die Gelder in Wahlgeschenken vor allem für Soziales, um die SPD zufriedenzustellen? 

Bereits kursiert der Begriff «soziale Infrastruktur», also Geld nicht für Stahl, Beton und Windräder, sondern für die Zufriedenstellung der SPD-Klientel. Nicht nur die AfD als grösste Oppositionspartei wird das genau beobachten – und natürlich auch alle Bürger und Bürgerinnen. Die neue Regierung wird viel Disziplin brauchen, mit dem Geld verantwortungsbewusst umzugehen – und den nachfolgenden Generationen keinen immensen Schuldenberg, ohne wirkliche strukturelle Verbesserungen zu hinterlassen.

Nach zähen Verhandlungen mit den Grünen, die nun ebenfalls zur Zustimmung bereit sind, einigte man sich auf Folgendes: Die Schuldenbremse – die der Neuverschuldung des Staates enge Grenzen setzt – soll für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert werden. Für alle Ausgaben in diesen Bereichen, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen Kredite aufgenommen werden – das wäre nach Rechnung der Politiker in diesem Jahr alles über etwa 44 Milliarden Euro.

Ausserdem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gebildet wird. Daraus soll die Instandsetzung der Infrastruktur – Brücken, Energienetze, Strassen oder Schulen – finanziert werden. 100 Milliarden Euro sollen zudem fest in Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fliessen.

Am Freitag muss auch noch der Bundesrat als Länderkammer dem Finanzpaket zustimmen, um die Milliarden-Investitionen freizumachen.

SRF 4 News, 18.03.2025, 3 Uhr ; 

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