- Der Deutsche Bundestag hat den umstrittenen Gesetzesentwurf der Union zur Begrenzung der Migration abgelehnt.
- 692 Abgeordnete gaben ihre Stimmen ab: 338 Ja-Stimmen, 349 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen.
- Kritikerinnen und Kritiker hatten gewarnt, die «Brandmauer» anderer Parteien zur AfD falle, wenn ein Gesetz verabschiedet werde, für das AfD-Stimmen massgeblich gewesen wären.
Aus der Unionsfraktion gab es keine Gegenstimmen, aber 12 Abgeordnete, die ihre Stimme nicht abgaben. Aus der FDP-Fraktion, die zuvor ebenfalls ihre Zustimmung signalisiert hatte, gab es zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen. 16 FDP-Abgeordnete gaben keine Stimme ab.
Die AfD stimmte bei einer nicht abgegebenen Stimme ansonsten geschlossen für das Gesetz. SPD und Grüne stimmten geschlossen dagegen – bei vier beziehungsweise zwei nicht abgegebenen Stimmen. Wie viele Abgeordnete aus Krankheitsgründen fehlten, war nicht bekannt.
Empörung über Antrag – Zehntausende demonstrierten
Am Mittwoch hatte ein Antrag der CDU/CSU für Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen, der keine bindende Wirkung hat, eine Mehrheit gefunden. Ihm hatten Vertreter von CDU/CSU, AfD, FDP sowie fraktionslose Abgeordnete zugestimmt, was Empörung auslöste.
Zehntausende Menschen gingen allein am Donnerstag wieder auf die Strasse – unter anderem in Berlin, Freiburg, Hannover und München. Auch aus den eigenen Reihen gab es Gegenwind für die Union: Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel schaltete sich ein und nannte es «falsch», erstmalig eine Mehrheit mit Stimmen der AfD zu ermöglichen.
Es gehe nun darum, «die Schande von Mittwoch» zu korrigieren, hatte die Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der Debatte gesagt. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich rief Merz zu: «Der Sündenfall wird Sie für immer begleiten. Aber das Tor zur Hölle, ja, ich sage es, das Tor zur Hölle können wir noch gemeinsam schliessen.»
Hitzige Verhandlungen und gegenseitige Vorwürfe
Die Debatte zum Gesetzesentwurf begann mit einer Verspätung von dreieinhalb Stunden. Die FDP schlug zunächst vor, den Entwurf in die Ausschüsse zurückzuschicken und so einen möglichen erneuten Beschluss mit entscheidenden Stimmen der AfD zu verhindern. Es folgten hektische Beratungen zwischen CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP, die allerdings keine Einigung erbrachten. Die FDP verzichtete daraufhin auf ihren Vorschlag.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, er habe SPD und Grünen angeboten, dass die FDP einem rot-grünen Gesetzesentwurf zur Migration zustimme, wenn diese im Gegenzug den Unions-Entwurf mittragen. Dieses Kompromissangebot sei aber abgelehnt worden. Dürr kündigte an, dass die FDP dem Unions-Gesetzesentwurf zustimmen wolle.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz wies den Vorwurf einer Zusammenarbeit mit der AfD bei den Abstimmungen über eine schärfere Migrationspolitik erneut strikt zurück. Zur Forderung von SPD-Fraktionschef Mützenich, er solle sich dafür entschuldigen, dass er der AfD die Hand gereicht habe, sagte der Unionskanzlerkandidat: «Von meiner Partei aus reicht niemand der AfD die Hand.»
Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, warf der Union einen unglaubwürdigen Kurs in der Migrationspolitik vor. Merz wolle vorangehen, er fange aber an zu zaudern und zu tänzeln und verhandle mit Rot-Grün. Ausserdem hätten Unions-Ministerpräsidenten bereits angekündigt, dem «Zustrombegrenzungsgesetz» im Bundesrat nicht zuzustimmen.