Die Ausgangslage: Venezuela ist auf internationalem Parkett von grosser Bedeutung. Das südamerikanische Land liegt zum einen geopolitisch interessant quasi «vor der Haustür» der USA – und es verfügt zum anderen über die grössten Erdölreserven der Welt. Andere Industriezweige als das Öl gibt es jedoch kaum. 70 Prozent der Konsumgüter müssen importiert werden. Dazu fehlt aber aufgrund der schwachen Erdölexporte das Geld. Die wirtschaftliche Notlage Venezuelas machen sich andere Länder zu Nutze.
Längst haben sich darum die grossen politischen und wirtschaftlichen Player aus Ost und West in den Kampf um das südamerikanische Land eingemischt. Für sie ist es nicht unwichtig, wer das Land regiert: Maduro oder Guaidó – Verbündeter oder Kritiker.
Die Interessen Russlands: Der Kreml ist ein langjähriger Verbündeter und Geldgeber von Präsident Nicolas Maduro und dessen Vorgänger Hugo Chavez. Seit 2006 stellten Russland und der Ölkonzern Rosneft Kredite in Höhe von mindestens 17 Milliarden Dollar zur Verfügung. Venezuela hat aber längst nicht alle Schulden beglichen. Russland hat darum kein Interesse an einem Machtwechsel im Land.
Russland ist auch jener Staat, der die venezolanische Armee hochgerüstet hat, mit Panzern, Flugzeugen und Luftabwehr-Systemen. Fachleute erkennen im russischen Engagement in Venezuela durchaus strategische Züge. Einerseits erhalten die Russen verstärkten Zugang zu den grössten Ölreserven der Welt, andererseits gewinnt Russland in Lateinamerika an Einfluss.
«Zum anderen nutzt Moskau Venezuela als eine Art Gegenbeispiel zur Ukraine: Man unterstützt eine Regierung, die den USA Schwierigkeiten im eigenen Hinterhof macht. Man erhofft damit, Wirkung bei US-Präsident Trump zu erzielen», erklärt Lateinamerika-Experte Günther Maihold.
Die Interessen Chinas: Venezuelas grösster Kreditgeber ist China. Seit 2008 investiert die Führung in Peking in Infrastruktur- und Ölprojekte. Schätzungen zufolge soll China bereits mehr als 70 Milliarden Dollar in Venezuela investiert haben. Das Land fand damit Zugang zu dringend benötigten Rohstoffen. Venezuela begleicht dem Wirtschaftsbranchendienst Bloomberg zufolge seine Schulden bei China grösstenteils mit Öllieferungen. So stellt sich China in dem Machtpoker denn auch hinter Maduro und protestierte umgehend gegen jegliche ausländische Einmischung in Venezuela.
Die Interessen der USA: Trotz der Spannungen sind die USA weiterhin der grösste Importeur von Erdöl aus Venezuela. Mehr als 40 Prozent des Rohöls aus dem südamerikanischen Land werden in die Vereinigten Staaten exportiert.
Den USA ist das bankrotte linke Maduro-Regime aber schon lange ein Dorn im Auge. Sie anerkannten den selbst ernannten Interimspräsidenten Guaidó umgehend an. In der Folge brach Präsident Maduro die diplomatischen Beziehungen zu Washington ab.
Venezuela ist für die USA nebst der wirtschaftlichen auch aus geostrategischer und sicherheitspolitischer Sicht wichtig. Das Land wurde unter Maduro zu einem Einfallstor ausländischer Grossmächte im Einflussgebiet der USA. Zudem liess das Chaos in Venezuela Millionen von Bürgern ihr Land verlassen. Die Flüchtlingsströme drohen die Nachbarländer zu destabilisieren. Der Druck auf die Südgrenze der USA wächst.
Juan Guaidó oder Nicolas Maduro – welches Land wen unterstützt, hängt also von handfesten wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen ab.