Die italienische Lega ist – wie andere rechtspopulistische Parteien in Europa – ausgesprochen russlandfreundlich. Mehr noch: Parteichef Matteo Salvini pflegt enge Beziehungen zum Kreml und kremlnahen Kreisen. Lorenzo Fontana, Vizechef der Lega, nimmt kein Blatt vor den Mund. «Wir betrachten Russland als Verbündeten Europas», sagte er nach den Wahlen letzten Monat.
Man habe viele gemeinsame Werte, und die Sanktionen gegen Russland seien eine Katastrophe. «Wenn wir die Interessen der italienischen Bevölkerung und der italienischen Unternehmen im Auge haben, können wir diese Sanktionen nicht gutheissen», so Fontana. «Wir verstehen diese feindliche Haltung gegenüber Russland nicht – Europa sollte das Land als Partner betrachten.»
Russische Gäste an Kongress eingeladen
Anton Shekhovtsov ist Politologe und erforscht seit Jahren die Verbindungen zwischen dem Kreml und europäischen Rechtsaussen-Parteien. Die Lega habe schon in den Neunzigerjahren Kontakte nach Russland gepflegt, vor allem zu ultranationalistischen Parteien, erklärt er. Die Kontakte in jüngerer Zeit gingen aber auf das Jahr 2013 zurück, auf den Parteikongress in Turin. Ein Russe namens Alexei Komov habe an dem Kongress teilgenommen, und auch ein Abgeordneter der Kreml-Partei «Einiges Russland» sei dabei gewesen.
Es war der Kongress, an dem Matteo Salvini zum Lega-Chef gewählt wurde.
Der dazu eingeladene Komov ist ein Angestellter des ultranationalistischen russischen Oligarchen Konstantin Malofejew. Dieser verbreitet über eine religiöse Stiftung und einen Fernsehkanal homophobe und reaktionäre Ansichten. Er steht zudem wegen seiner Unterstützung von Separatistenführern in der Ostukraine auf der Sanktionsliste der EU.
Ab diesem Zeitpunkt reiste die Führungsriege der Lega regelmässig nach Moskau und auf die besetzte Krim, so Shekhovtsov weiter. 2014 sei es in Italien sogar zu einem Treffen zwischen Salvini und Putin gekommen, weiss er.
Symbolische Vereinbarung getroffen
Sozusagen als Krönung schloss die Lega letztes Jahr mit der Kreml-Partei «Einiges Russland» ein so genanntes Koordinationsabkommen. Ein ähnliches Abkommen hat auch die österreichische FPÖ in Moskau unterzeichnet.
Nach Meinung des Politologen hat die Vereinbarung vor allem eine symbolische Bedeutung. Es sei eine Vereinbarung, die die Lega viel mehr brauche als «Einiges Russland»: Die Lega könne sich damit als bevorzugter Partner des Kremls in Italien präsentieren. Etwas, was in der italienischen Gesellschaft, die Russland insgesamt freundlich gesinnt sei, gut ankomme.
Die europäische extreme Rechte ist sehr anti-amerikanisch, und Russland präsentiert sich gerne als anti-amerikanische Kraft.
Bei dieser Zusammenarbeit gehe es aber auch ums Geschäft: Die Lega lobbyiere für die Interessen italienischer Firmen in Russland und auf der besetzten Krim. Doch was macht den Kreml für die europäischen Rechtspopulisten eigentlich so attraktiv? Shekhovtsov sagt: «Russland steht in ihren Augen für den Widerstand gegen die Globalisierung. Das Land gilt ihnen ausserdem als Bastion der Verteidigung traditioneller konservativer Werte – auch wenn dies mit der Realität in Russland wenig zu tun hat.»
Der Politologe fügt einen weiteren Grund an: «Die europäische extreme Rechte ist sehr anti-amerikanisch. Und Russland präsentiert sich gerne als anti-amerikanische Kraft.» Russland wiederum interessiere sich für diese rechten, EU-feindlichen Parteien, weil es die Einheit der EU unterminieren und die Beziehungen zu den USA schwächen wolle. «Russland möchte eine geschwächte EU und bilaterale Beziehungen mit jedem EU-Land.» Denn gegenüber einer geeinten EU sei Russland am kürzeren Hebel.
Es wird also interessant sein, zu sehen, wie sich die neue Regierung in Rom zusammensetzen wird. Kommt die Lega in eine starke Position, so dürfte sie in Sachen Russland wohl für die eine oder andere Überraschung sorgen.