In Sri Lanka stehen am 21. September Präsidentschaftswahlen an. Die Ausmarchung wird als Referendum über die von Präsident Ranil Wickremesinghe eingeleiteten Reformen angesehen. Sie haben die wirtschaftlichen Kennzahlen verbessert, aber ihre Auswirkungen müssen noch bei vielen einfachen Menschen ankommen. SRF-Südasien-Korrespondentin Maren Peters ordnet ein.
Warum ist die Präsidentschaftswahl wichtig?
Es ist die erste Wahl nach dem dramatischen Zusammenbruch der Wirtschaft und der Staatspleite 2022. Damals standen Sri Lanker tagelang Schlange, um Kraftstoff, Kochgas und Medikamente zu kaufen. Die Lokalwahlen, die eigentlich im letzten Jahr fällig gewesen wären, hatte die Regierung Ranil Wickremesinghe auf unbestimmte Zeit verschoben – offiziell aus Geldmangel. Tatsächlich wohl eher, weil sie eine Abwahl befürchten musste. Die Präsidentschaftswahl ist daher auch das erste Referendum über die Wirtschaftspolitik der Regierung.
Wer sind die aussichtsreichsten Kandidaten – und wofür stehen sie?
Die besten Chancen werden drei der 38 Kandidaten – keine einzige Frau kandidiert – eingeräumt: Dem amtierenden Präsidenten Ranil Wickremesinghe, der dieses Mal als unabhängiger Kandidat antritt und für «Stabilität» wirbt. Der 75-Jährige ist beim Volk wegen seiner Sparmassnahmen unbeliebt. In seiner Amtszeit stiegen Steuern und Strompreise stark an – eine Bedingung des Internationalen Währungsfonds für den gewährten Milliardenkredit. Sein wichtigster Herausforderer ist Anura Kumara Dissanayake (55). Er ist der Führer einer marxistischen Koalition namens National People’s Power. Dissanayake ist vor allem bei jungen Leuten beliebt, weil er die Korruption «ausrotten» will. Viele Junge machen Korruption für die schwere Wirtschaftskrise verantwortlich. Er und Oppositionsführer Sajith Premadasa (57) von der United People’s Front sind gut im Rennen. Premadasa will das IWF-Programm weiterführen, aber mildere Bedingungen aushandeln.
Wie wird die Wahl entschieden?
Wählerinnen und Wähler können auf ihrem Stimmzettel bis zu drei Präferenzen für die Kandidaten angeben. Wer 50 und eine Stimmen erhält, gewinnt. Wenn keiner in der ersten Runde die absolute Mehrheit erhält, gibt es eine zweite Runde. Der Kandidat mit den meisten Stimmen entscheidet die Wahl für sich. Von den 22 Millionen Sri Lankern sind 17 Millionen wahlberechtigt. Interessant wird zu sehen, wie die tamilische und muslimische Minderheit entscheidet, die zusammen 25 Prozent der Wähler ausmacht. Anders als bei früheren Wahlen wird dieses Mal keine Blockwahl erwartet. Denn früher haben beide Minderheiten gegen den Rajapaksa-Clan gewählt, den sie für Korruption und schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich machen. Diesmal tritt die alte Rajapaksa-Generation nicht an.
Was erwartet den künftigen Präsidenten?
Er wird es schwer haben. Erst vor zwei Jahren hatte sich Sri Lanka für zahlungsunfähig erklärt, die schwere Wirtschaftskrise ist noch nicht ausgestanden. Schuldenabbaupläne müssen mit grossen Kreditgebern wie China und Indien ausgehandelt, der IWF-Kredit zurückgezahlt werden. Für seine Politik braucht der Präsident Rückendeckung des Parlaments, aber das ist fragmentiert. Das wirtschaftliche Umfeld ist ungemütlich: Die Arbeitslosigkeit steigt, Realeinkommen sind gefallen. Die Armutsrate liegt bei 22 Prozent. Das alles lässt dem künftigen Präsidenten wenig Spielraum. Und schon bald stehen mit den Parlamentswahlen die nächsten Wahlen an.