Die Verhaftung der mutmasslichen Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette diese Woche in Berlin hat Wellen geworfen. Sie ist eines der drei letzten noch gesuchten Mitglieder der dritten RAF-Generation, die insgesamt zehn Menschen ermordet haben soll.
Dritte RAF-Generation als Dunkelkammer
Nur gerade ein einziger dieser Morde sei bisher aufgeklärt, sagt der Anwalt Butz Peters, der bereits mehrere Bücher über die linksextremistische Rote Armee Fraktion RAF verfasst hat. Der Mord am Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen (1989) gehört ebenso zu den ungelösten Fällen wie jener am Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder im Jahr 1991.
Die Polizei weiss bis heute nicht, wo die RAF der dritten Generation wohnte, wie sie sich finanzierte und woher der viele Sprengstoff kam.
«Die dritte RAF-Generation lernte aus den Taten der beiden Vorgängergenerationen auch in kriminaltechnischer Hinsicht», erklärt Peters den Umstand, dass die Ermittler in diesen Fällen bisher kaum etwas wissen. Von der dritten RAF-Generation gebe es keine Fingerabdrücke und keine einzige konspirative Wohnung sei bekannt, während bei der Baader-Meinhof-Gruppe der ersten Generation in den 1970er-Jahren Dutzende solcher Wohnungen entdeckt wurden.
Klette – unerkannt ins normale Leben zurück
Die dritte Generation zeichnete sich laut Peters auch dadurch aus, dass sie sich im Gegensatz zu den beiden früheren Generationen auf eine nur ganz kleine Zahl von Mitgliedern beschränkte. Niemand habe bisher ausgepackt, die Finanzierung der Terrorzelle sei unklar, ebenso die Herkunft der eingesetzten über 200 Kilogramm Sprengstoff.
Das vorsichtige Vorgehen dürfte massgeblich dazu beigetragen haben, dass Daniela Klette nach achtjähriger Aktivität für die RAF im Untergrund weitere drei Jahrzehnte unter anderer Identität unentdeckt bleiben konnte. Als Claudia Ivone mit italienischen Papieren. Eine normale Frau, die gut im Quartier in Berlin-Kreuzberg verankert war, Mathematik-Stunden gab, tanzen ging und vor über zehn Jahren sogar einen Facebook-Account einrichtete –obwohl Plakate von ihr als Zwanzigjährige in der ganzen Bundesrepublik an Bahnhöfen hingen.
Wird Klette auspacken?
Klette werde nun entscheiden müssen, ob, was und wie viel sie im Rahmen der Kronzeugenregelung für eine Strafmilderung preisgeben wolle, schätzt Peter. Möglich sei, dass sie ebenso eisern schweige wie die anderen beiden verhafteten Frauen der dritten RAF-Generation, Eva Haule und Birgit Hogefeld.
Möglicherweise liefere Klette aber auch Informationen wie die acht in der DDR gefassten RAF-Aussteiger der zweiten Generation, über welche über 2000 Seiten aufschlussreiche Vernehmungsprotokolle existierten.
Hoffen auf viele Hinweise
Nach Angaben der Polizei wird weiterhin nach RAF-Mitgliedern und Komplizen gefahndet. Es geht in erster Linie um Burkhard Garweg und Ernst-Volker Wilhelm Staub, die letzten beiden ehemaligen RAF-Mitglieder, die noch flüchtig sind. Ob es sich bei der am gleichen Tag wie Klette verhafteten Person um einen der beiden Männer handelt, ist noch nicht bekannt.
Die Chancen, dass Garweg und Staub gefasst werden, seien in diesen Tagen so gross wie noch nie, schätzt Peters. Die Fotos würden laufend in den Medien gezeigt und die Aufmerksamkeitswert sei riesig: «Gut denkbar, dass sie doch noch erkannt werden, weil ein Nachbar zum Schluss kommt, dass es einer der Gesuchten sein könnte.» Mit einer Reihe von Hinweisen sei auf jeden Fall in den nächsten Tagen zu rechnen.