Was ist an der polnisch-belarussischen Grenze los? Die polnischen und die litauischen Behörden haben die Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zu Belarus verstärkt. Der Grund dafür sind Berichte, wonach sich Hunderte Migranten in Belarus zu Fuss in Richtung EU-Grenze aufgemacht hätten. An Polens Grenze zu Belarus haben grössere Gruppen von Migranten nach Angaben polnischer Behörden versucht, die Grenze zu durchbrechen. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko steht in der Kritik, Menschen in die EU zu schleusen.
Warum ist die Gruppe plötzlich so gross? Dass es sich um eine zufällig so grosse Gruppe von 1000 Migrantinnen und Migranten, die sich gesammelt in Richtung Polen aufgemacht habe, handle, kann laut SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky ausgeschlossen werden. «Sowohl die Anreise von so vielen Menschen wie auch die Bilder von belarussischen Sondereinheiten vor Ort sprechen doch klar dafür, dass es sich hier um eine gezielte Aktion seitens der belarussischen Regierung handelte.»
Welche Strategie verfolgt denn Lukaschenko? Tschirky vermutet, es handle sich um einen verzweifelten Versuch seitens der belarussischen Regierung, sich aus ihrer verfahrenen Situation zu manövrieren. In diese habe sich das umstrittene Staatsoberhaupt selbst gebracht. «Bisher ist es Lukaschenko nicht gelungen, politischen Druck auszuüben auf die Europäische Union. Mit der Schaffung dieser Migrationskrise gelang es nicht, die EU von ihrem bisherigen Kurs gegenüber Belarus abzubringen.» Die Sanktionen werden nicht gelockert, im Gegenteil.
Ist Belarus ein sicherer Drittstaat für Migranten? Der Umgang des belarussischen Staates mit Migrantinnen und Migranten in der Vergangenheit spricht nicht dafür, dass es sich bei Belarus um einen sicheren Drittstaat handelt. Es gibt seitens des belarussischen Staates keine Hilfe für die Menschen, die aktiv ins Land gelockt wurden. «Bereits vor zehn Tagen mussten Migrantinnen und Migranten auf der Strasse in der Hauptstadt Minsk schlafen, da ihnen kein Hotel mehr offen stand ohne gültiges Visum, da ihr Touristenvisum bereits ausgelaufen war», sagt die Russlandkorrespondentin.
Welche Bemühungen unternimmt der belarussische Staat? Tschirky kann keine Bemühungen seitens der belarussischen Regierung feststellen und erwartet auch keine. Bisher wurde für diese Menschen beispielsweise keine Rückreise organisiert. «Ich persönlich befürchte, dass sich die humanitäre Situation unter den Migrantinnen und Migranten vor Ort noch weiter verschlechtern wird. Es scheint mir nicht ausgeschlossen, dass zu einem gewissen Zeitpunkt auch Gewalt gegen diese Menschen eingesetzt werden könnte seitens der belarussischen Regierung.»