- Die im Exil lebende Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja aus Belarus will den internationalen Druck auf den autoritären Staatschef Lukaschenko verstärken.
- «Mein Land, meine Nation, mein Volk brauchen jetzt Hilfe», sagt Tichanowskaja in einer Videokonferenz mit einem Ausschuss des Europarats.
- Alexander Lukaschenko lehnt Gespräche mit der Opposition weiterhin ab.
«Wir brauchen internationalen Druck auf dieses Regime, auf dieses eine Individuum, das verzweifelt an der Macht festhält», so Tichanowskaja über Lukaschenko. Es müsse Sanktionen gegen die kriminellen Anordnungen der Regierung erlassen werden, so die 37-Jährige.
Tichanowskaja hatte gegen Präsident Lukaschenko kandidiert – ist nach der Wahl aber nach Litauen ins Exil geflüchtet.
Oppositionelle fordert Freilassungen
Mitglieder der Opposition in Belarus würden unter erfundenen Vorwürfen festgenommen, eingeschüchtert, bedroht und aus dem Land vertrieben, sagt die Oppositionspolitikerin. Sie fordert die sofortige Freilassung aller politischer Gefangener.
Tichanowskajas Mitstreiterin, die Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa, von der seit Montag jede Spur fehlt, sei entführt worden, sagte Tichanowskaja. Laut dem belarussischen Grenzschutz wurde Kolesnikowa am Dienstag an der Grenze zur Ukraine festgenommen.
Die Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić, fordert von den Verantwortlichen in Belarus, die repressiven Entwicklungen im Land sofort zu beenden. Es gebe keinen anderen Weg, als den des fairen und offenen Dialogs mit der Zivilgesellschaft, um notwendige Reformen durchzuführen, erklärt sie in einer Mitteilung.
Der Europarat mit Sitz im französischen Strassburg kümmert sich um die Einhaltung der Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedstaaten. Belarus ist nicht Teil der Staatenorganisation, es gibt aber Kooperationsgruppen für eine Zusammenarbeit zu verschiedenen Themen. Ausserdem hat Belarus mehrere Abkommen des Europarats unterzeichnet.
Lukaschenko schliesst Neuwahlen nicht aus
Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko lehnt Gespräche mit der Opposition weiterhin ab. «Das ist keine Opposition. Alles, was sie anbietet, ist eine Katastrophe für Belarus», sagte der Präsident am Dienstag in einem Interview mit mehreren russischen Staatsmedien.
Seine Gegner wollten die «Verbindungen zum brüderlichen Russland» abbrechen, behauptete der 66-Jährige. Minsk wolle dagegen eine weitere Integration mit Moskau.
Zugleich räumte Lukaschenko russischen Medien gegenüber ein, dass er womöglich etwas zu lange an der Macht sei. Er sei aber die einzige Person, die in der Lage sei, das Land derzeit zu schützen.
Wir sind bereit, die Verfassung zu reformieren.
Neuwahlen schliesse er nach einer Verfassungsänderung nicht aus. «Wir sind bereit, die Verfassung zu reformieren», sagte er. Lukaschenkos Gegner werfen ihm vor, mit diesem Vorschlag nur Zeit gewinnen zu wollen.
Die politische Krise und die Proteste in Belarus dauern seit der Präsidentenwahl vor einem Monat an. Lukaschenko hatte sich mit 80.1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die Opposition wirft ihm Wahlbetrug vor. Der 66-Jährige regiert Belarus seit 1994 mit harter Hand.