In der Nacht auf Montag wurde in Israel ein Einreiseverbot für Ausländerinnen und Ausländer bis zum 22. Dezember verlängert. Trotzdem wurde am Sonntag in der südisraelischen Küstenstadt Eilat die Miss Universe gekürt. Auch SRF-Nahostkorrespondentin Susanne Brunner kann momentan nicht nach Israel einreisen. Sie erklärt, warum die Wahl trotz der aktuellen Umstände durchgeführt wurde.
SRF News: Als Miss-Universe-Kandidatin kommt man momentan einfacher nach Israel als wenn man Journalistin ist?
Susanne Brunner: Praktisch alle Ausländerinnen und Ausländer kommen weniger einfach nach Israel als eine Miss-Universe-Kandidatin. Und sie kommen einfacher aus Israel raus als Israelis selbst. Die 80 Kandidatinnen des Schönheitswettbewerbs mussten allerdings alle 48 Stunden testen. Miss France testete sogar positiv und musste in Quarantäne, konnte aber rechtzeitig raus. Die anderen Kandidatinnen reisten unter der Leitung von Miss Israel durchs Land.
Wie kommt diese Ausnahmeregelung inmitten verschärfter Corona-Massnahmen in Israel an?
Als die Veranstaltung geplant wurde, rechnete man in Israel mit offenen Grenzen. Doch die Grenzen sind wieder dicht. Einige Israelis haben seit zwei Jahren ihre Verwandten in aller Welt nicht mehr sehen dürfen. Kein Wunder gab es eine Kontroverse, als bekannt wurde, die Miss-Universe-Show in Eilat werde trotzdem durchgeführt.
Sie wurden geimpft, als Impfstoffe noch gar nicht offiziell zugelassen waren.
Das ärgerte Israelis besonders, weil sie als Vorbild in Sachen Impfen gelten: Sie wurden geimpft, als Impfstoffe noch gar nicht offiziell zugelassen waren. Sie riskierten viel. Dafür wurde ihnen die Rückkehr in ein «normales» Leben versprochen. Dass es da bitter ist, wenn Missen vergnügt einreisen, während dem sie selbst weiterhin auf Reisen und Besuch verzichten müssen, ist verständlich. Zudem flogen die Frau und Kinder des Premierministers in die Ferien, während Premierminister Naftali Bennett sein Volk bat, auf Auslandsreisen zu verzichten.
Gibt es auch von den Herkunftsländern der Kandidatinnen Misstöne?
Internationale Grossveranstaltungen in Israel sind immer umstritten. Denn es gibt Länder, die Israel boykottieren, weil Israel für sie eine Besatzungsmacht ist, die die palästinensische Bevölkerung brutal unterdrückt. Zu diesen Ländern gehört beispielsweise Südafrika. Seine Miss-Universe-Kandidatin weigerte sich jedoch, die Veranstaltung zu boykottieren – dafür boykottierte Südafrika seine Kandidatin.
Nach fast zwei Jahren ohne Tourismus liegt die Branche praktisch am Boden.
Warum hat Israel auf eine Durchführung beharrt, obwohl sie sich mit den geltenden Corona-Massnahmen nicht vereinen lässt?
Immerhin 600 Millionen Menschen in über 170 Ländern schauen jeweils die Miss-Universe-Ausmarchung am Fernsehen. Für Israel eine Gelegenheit, um auf seine eigenen Schönheiten aufmerksam zu machen – denn nach fast zwei Jahren ohne Tourismus liegt die Branche praktisch am Boden.
Kommt dazu: Erstmals, seitdem Israel Normalisierungsabkommen mit einigen arabischen Staaten abgeschlossen hat, nahmen auch Kandidatinnen aus Bahrein und Marokko teil. Eine gute Werbung für Israel, das damit der Welt auch zeigen wollte, selbst arabische Staaten boykottieren Israel nicht mehr wegen des Nahost-Konflikts. Diese Gründe führten dazu, dass die Miss-Universe-Show am Sonntagabend trotz Covid und Kontroversen stattfand.
Das Gespräch führte Claudia Weber.