- Bei den türkischen Kommunalwahlen hat die AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Gebiete im AKP-Herzland Anatolien sowie wichtige Grossstädte an die Opposition verloren.
- Am Tag nach der Wahl gibt es zwar weiter nur vorläufige Ergebnisse.
- Doch es scheint möglich, dass selbst in der Metropole Istanbul AKP-Kandidat Binali Yildirim unterliegen könnte.
- In Front liegt Ekrem Imamoglu. Ein Hoffnungsträger vieler junger Türken, die in den letzten 25 Jahren nur die Politik von Erdogan erlebt haben.
Der 49-jährige Imamoglu studierte in Istanbul Business Administration und schloss sich nach dem Studium dem Bauunternehmen seiner Familie an. Diese stammt aus Trabzon an der Schwarzmeer-Küste, gehört zur gehobenen Mittelklasse, die dann am Bauboom der Ära Erdogan kräftig mitverdient.
Die Karriere stets vor Augen
2008 tritt Imamoglu in die oppositionelle Republikanische Volkspartei (CHP) ein. Der Nachwuchspolitiker ist von Anfang an zielstrebig. Er will national Karriere machen – und verdient sich seine Sporen in der Lokalpolitik.
2014 kandidiert Imamoglu erfolgreich als Bezirksbürger in einem Mittel-Klasse-Quartier auf der europäischen Seite Istanbuls. Er kümmerte sich um die Urbanisierung neuer Wohnquartiere. In seinem Bezirk hat er einen guten Ruf.
2019 bietet ihm die Partei die Spitzenkandidatur für die 15 Millionen-Stadt an: Imamoglu steht für die neue Generation junger Politiker in der CHP. Mit unermüdlichem Elan wirft sich der 49-Jährige in den Kommunalwahlkampf. Sein Team besteht vor allem aus jungen Aktivisten, die vor allem ihm und weniger der CHP dienen wollen.
Triumph ohne Schadenfreude
Seinen (noch nicht offiziellen) knappen Wahlsieg gegenüber dem Spitzenkandidaten der AKP, Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim, kommentiert Imamoglu ohne Schadenfreude – im Gegenteil. Als künftiger Bürgermeister des wirtschaftlichen und kulturellen Zentrums des Landes streckt er der Regierung in Ankara und dem Staatspräsidenten die Hand aus.
Wirtschafts- und Währungskrise seien so stark, das die Türkei für einen Wiederaufschwung eine konzertierte Aktion brauche – jenseits der Parteigrenzen hinaus. Neue Töne, die man so lange nicht mehr im Land gehört hat.