ACT-A. So lautet die Abkürzung, welche für Milliarden von Menschen von grosser Wichtigkeit ist. Vier Buchstaben, ein Bindestrich und ein Versprechen der reichen Länder, den armen zu helfen: mit dem «Access to COVID-19 Tools (ACT) Accelerator» – oder eben kurz ACT-A.
Seit dem Start im April 2020 verfolgt die Initiative von der WHO, verschiedenen Staaten, Nicht-Regierungsorganisationen, Philanthropinnen und Konzernen das Ziel, die Covidpandemie so schnell wie möglich zu beenden. Sie beinhaltet neben therapeutischen und diagnostischen Massnahmen unter anderem den Versuch, die Welt rasch zu impfen – geläufig unter dem Namen «Covax».
0.1 Prozent Impfquote in Burundi, drei Prozent im Jemen
Fast drei Jahre später zeigt sich: Während viele reiche Nationen den Schrecken der Pandemie hinter sich zu haben scheinen – vereinzelt wurde hierzulande bereits deren Ende ausgerufen – kämpfen die ärmeren Länder noch immer mit dem Virus. Tarik Jasarevic, Sprecher der WHO, betont: «Es steht noch Arbeit an.»
Die Vereinten Nationen veröffentlichen alle drei Jahre einen Bericht, der die Situation der besonders armen Entwicklungsländer illustriert. Gleichzeitig definiert die UNO, welche Staaten überhaupt dazugehören. Letztmals war dies 2021 der Fall, 46 Länder wurden als sogenannte «Least Developed Countries» eingestuft.
Der Blick auf die Karte verrät: Der Grossteil der Länder ist auf dem afrikanischen Kontinent situiert. Und genau dort ballen sich die Länder mit tiefen Impfquoten – auch wenn diese auf der ganzen Welt inzwischen eigentlich bei mindestens 70 Prozent sein sollte.
Keine Notlage, keine Hilfeleistungen?
Wer die Pandemie als beendet erklären wolle, täte gut daran, diesen Kontext zu berücksichtigen. Dieser Meinung ist Kerstin Noëlle Vokinger. Die Professorin für Recht, Medizin und Technologie an der Universität Zürich sagt: «Eine Herabstufung der WHO hätte direkte Auswirkungen auf die Pandemiebekämpfung in den ärmeren Ländern.»
Eine Herabstufung der WHO hätte direkte Auswirkungen auf die Pandemiebekämpfung in den ärmeren Ländern.
Dabei ginge es aber nicht um die Beendigung der Pandemie – dies hat grundsätzlich symbolischen Wert – sondern um die Rückstufung der «Feststellung einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite».
Was gemäss Vokinger in diesem Szenario passieren könnte, ist folgendes: Die Pandemiebekämpfung verliert an Dringlichkeit und gewisse Massnahmen zur Unterstützung von ärmeren Ländern könnten wegfallen. In diesem Zusammenhang müsse man auch verstehen, wie die WHO funktioniere. Verabschiedet die Weltgesundheitsorganisation nämlich Empfehlungen, können diese grundsätzlich in den Vertragsstaaten nicht mit Zwang durchgesetzt werden.
Notlage dürfte noch andauern
Ob die WHO die internationale Notlage beendet, hat also reale Auswirkungen auf die Pandemiebekämpfung, auf Einzelschicksale und Menschenleben. Daher geht Kerstin Noëlle Vokinger auch nicht davon aus, dass dies in den nächsten Tagen geschehen werde. «Zudem hat die WHO erst im vergangenen Oktober betont, dass etwa die zukünftigen SARS-CoV-2 Varianten ungewiss seien und der fehlende Zugang zu Impfstoffen in gewissen Ländern besorgniserregend sei.»
Dieser Missstand ist leichter zu beheben, wenn die Staatengemeinschaft an einem Strang zieht – globaler Notstand hin oder her. Auch WHO-Sprecher Jasarevic betont: «Selbst wenn dieser irgendeinmal beendet wird, sollte das nicht als Zeichen verstanden werden, ACT-A nicht mehr zu unterstützen.»