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Ende des Assad-Regimes Syrien steuert auf sehr unsichere Zeiten zu

Über 20 Jahre hielt er sich an der Macht, jetzt hat die staatliche syrische Armee mitgeteilt, dass die Regierungszeit von Baschar al-Assad beendet sei. Die Regierungssoldaten seien vom Armee-Kommando ausser Dienst gestellt worden. Somit stehen die Rebellen nun da, wo sie bereits 2011 stehen wollten: in der syrischen Hauptstadt Damaskus.

Vom Hoffnungsträger zum Autokraten

Im Gegensatz zum fast 14 Jahre dauernden Krieg ging die Machtübernahme in Syrien schliesslich schnell. In nur einer Woche überrannten die Rebellen alle wichtigen Städte und verkündeten am frühen Sonntagmorgen, die Kontrolle im Land zu übernehmen.

Die Transition soll friedlich verlaufen. Öffentliche Einrichtungen sollen bis auf Weiteres unter Aufsicht des bisherigen Ministerpräsidenten stehen. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Armee und Teile der Regierung Assads mit den Rebellen in Absprache gestanden sein könnten.

Im Jahr 2000 hatte Baschar al-Assad das Amt des Präsidenten von seinem Vater übernommen. Damals galt der junge, im Westen ausgebildete Augenarzt als Hoffnungsträger der Nation, der Langzeitgefangene entlassen hatte und einen offeneren Diskurs ermöglichte.

2011 griff er aber mit eiserner Hand gegen Proteste im Zuge des arabischen Frühlings im Land durch. Dies entfachte einen Bürgerkrieg, der knapp 500'000 Menschenleben forderte und über zwölf Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieb.

Unsicherheit bleibt

Assads Fall bedeutet einen weiteren Verlust für die «Achse des Widerstandes», welche vom Iran unterstützt wird. Dazu zählen auch die Hamas in Gaza oder die Huthi im Jemen. Der Machtwechsel in Syrien erfolgt gerade zehn Tage nach einer Feuerpause zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah, welche Assad im Syrien-Krieg stark unterstützte – nun aber geschwächt dasteht.

Syrien liegt zwischen dem Libanon und dem Iran, damit dürfte die Versorgungsachse zwischen der Hisbollah und dem Iran jetzt unterbrochen sein. Derweil sollen israelische Panzer nach Medienberichten auf den besetzten Golanhöhen weiter in die Pufferzone zu Syrien vorgedrungen sein.

Die islamistischen Rebellen in Syrien sprechen von einer Befreiung – doch steuert Syrien einmal mehr auf sehr unsichere Zeiten zu. Denn das Rebellenbündnis einte bisher lediglich der Kampf gegen den Langzeitmachthaber Baschar al-Assad. Nachdem dieser nun aus dem Land vertrieben worden ist, muss sich zeigen, ob die Anführer der Milizen auch weiterhin zusammenarbeiten können.

Thomas Gutersohn

Nahost-Korrespondent

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Thomas Gutersohn lebt seit 2023 in Amman und berichtet für SRF aus dem Nahen Osten. Er hat in Genf Internationale Beziehungen studiert.

SRF 4 News, 8.12.2024, 7.30 Uhr

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