Eine Gruppe junger Menschen fährt auf einem kleinen Boot vor der indonesischen Hauptstadt Jakarta zu einer Ferieninsel. Sie warten schon jahrelang darauf, dass ihnen das UNO-Flüchtlingshilfswerk eine neue Heimat findet. Die meisten sind Hasara, eine von den Taliban verfolgte ethnische Minderheit aus Afghanistan.
Kein Asylrecht in Indonesien
Ali möchte seinen richtigen Namen nicht nennen. Er fürchte um die Sicherheit seiner Frau und Kinder, die noch immer in Afghanistan seien, wo sie von den Taliban bedroht würden. Seit zehn Jahren hat er sie nicht gesehen. Er suche einfach einen Ort, wo er endlich Schutz für sich und seine Familie finden könne, ihm sei egal, wo.
Ali war von Afghanistan nach Indonesien geflohen. Dass er damals ein Boot nach Australien nehmen wollte, streitet er ab. Zu gefährlich und illegal, bemerkt er. Auch die anderen in der Gruppe betonen, sie wollten mit Hilfe der UNO umgesiedelt werden. Doch das jahrelange Warten ist von Unsicherheit und Not geprägt. In Indonesien gibt es kein Asylrecht. Geflüchtete gelten als illegale Migranten, dürfen nicht arbeiten und erhalten keine Unterstützung.
Als die Politik änderte, sind die Flüchtlinge in Indonesien steckengeblieben.
Julia Frei ist Gründerin der schweizerischen Hilfsorganisation «Same Skies», die in Indonesien und Malaysia gestrandeten Geflüchteten hilft. «Als die Menschen vor zehn Jahren hierherkamen, war für viele Australien das Ziel. Als sich die Politik in Australien geändert hat, sind sie in Indonesien steckengeblieben», berichtet Frei.
Australiens souveräne Grenzen
Seit drei Jahrzehnten nimmt Australien eine harte Haltung gegenüber Menschen ein, die per Boot auf den Kontinent zu gelangen versuchen. Vor zehn Jahren hat sich die Position mit der Einführung der Kampage «Sovereign Borders» weiter verschärft.
Souveräne Grenzen: Kein Bootsflüchtling dürfe jemals den Fuss auf australischen Boden setzen, so die Regierung bis heute. Wer es trotzdem riskiert, wird von der australischen Marine abgefangen und auf hoher See zur Umkehr gezwungen oder in einem Lager interniert, jahrelang, unter Bedingungen, die als menschenunwürdig kritisiert werden. Auch Kinder.
Offiziell gibt die australische Regierung humanitäre Gründe an. Man wolle verhindern, dass Menschen auf dem gefährlichen Weg übers Wasser sterben. Hunderte sind in den letzten Jahrzehnten ertrunken.
Kritiker: «Politik der Grausamkeit»
Doch es geht auch um Politik und wohl auch um Rassismus. Das australische Wahlvolk steht klar hinter den Massnahmen. Nicht zuletzt, weil es sich bei den meisten Geflüchteten um Muslime handle, behaupten Kritikerinnen und Kritiker.
Wie viele der kaum seetüchtigen Boote es zurück nach Indonesien schaffen, ist nicht bekannt. Alles, was auf dem Wasser geschieht, unterliegt in Australien strikter Geheimhaltung. Die wenigen offiziellen Statistiken sind aber klar: Die Zahl der abgefangenen Boote ist von einst Dutzenden pro Jahr auf eine Handvoll geschrumpft.
Die «Politik der Grausamkeit», wie Menschenrechtler sie nennen, funktioniert. Das sagen selbst Kritikerinnen wie Julia Frei von «Same Skies»: «Wenn das Ziel war, Leute aus dem Land rauszuhalten, dann hat das funktioniert. Weil die Schlepper jetzt die Menschen nicht mehr nach Australien bringen.» Aber die Frage sei, was die Kosten dieser Entscheidung seien. Denn Australien überlasse das Problem einfach seinem Nachbarn Indonesien und allen anderen Ländern, in denen Fliehende gestrandet seien.