Ist das die Wende im Impeachment-Verfahren? US-Präsident Donald Trump sieht sich neuen Vorwürfen ausgesetzt. Die Vorwürfe kommen von einem Mann, der dem Präsidenten ganz nahe war: John Bolton, ehemals Sicherheitsberater im Weissen Haus, hat ein Buch geschrieben – Auszüge des Manuskripts sind bereits an die Öffentlichkeit gelangt. Für USA-Kenner Thomas Jäger ist John Bolton höchst glaubwürdig, der Schaden für Trump dürfte dennoch gering ausfallen.
SRF News: In US-Medien ist von einem «Game Changer» die Rede. Sehen Sie das auch so?
Thomas Jäger: Im normalen Washington wäre das so. Nun kommt mit Bolton einer, der aus erster Hand berichtet. In Trumps Washington aber ist alles anders und deshalb bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich den Weg dieses Impeachments ändert.
Sind die Vorwürfe besonders gewichtig, weil sie von Bolton stammen?
Aus der Sicht der Demokraten hat man nun genau den Punkt erreicht, welchen man Trump nachweisen wollte. Er habe sein Amt missbraucht, um die Hilfe einer ausländischen Regierung im Wahlkampf zu erlangen, und das ist illegal. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.
Privat würden diese Senatoren die Glaubwürdigkeit Boltons bejahen und seine Anhörung begrüssen.
Die Republikaner sehen das jedoch anders. Jeder Präsident achte zumindest mit dem linken Auge darauf, was die jeweiligen Handlungen mit seinen Wahlchancen machen würden.
Aber Bolton gibt dem Ganzen mehr Gewicht?
Bolton ist glaubwürdig und kein Luftikus wie Trump in der Republikanischen Partei, der zwar jeden Skandal überlebt hat, dem man aber auch jeden Skandal zutraut. Bolton ist sozusagen die fleischgewordene Büroklammer. Also jemand, der sich durch Texte frisst. Jemand, der alles zubomben wird, ein Hardliner mit einer hohen Glaubwürdigkeit bei den Republikanern. Genau das macht die Vorwürfe für Trump so gefährlich.
Bis jetzt stellte sich die republikanische Mehrheit im Senat hinter ihren Präsidenten. Dass nun aber Bolton selbst als Zeuge aussagen könnte, dafür müssten einige Republikaner kippen. Wie schätzen Sie das ein?
Man muss Boltons Glaubwürdigkeit und die Karrierewünsche der Senatoren abwägen. Privat würden diese Senatoren die Glaubwürdigkeit Boltons bejahen und seine Anhörung begrüssen.
Das Manuskript von Bolton liegt seit Ende 2019 im ‹National Security Council› im Weissen Haus zur Überprüfung. Scheinbar hat niemand die Senatoren gewarnt.
Alle haben aber auch ihre eigene Karriere im Blick und das hat bisher diejenigen, die Trump sowieso nicht leiden können, schon dazu veranlasst, ihn zu unterstützen. Ich bin skeptisch, ob sie nun kippen.
Es bräuchte aber nur vier Republikaner, die kippen, damit die Demokraten mit dem Anliegen durchkommen.
Mehr werden es auf gar keinen Fall, denn die meisten republikanischen Senatoren haben bei dem, was sie von Bolton gelesen haben, schon abgewunken und gesagt, dass man das bereits wisse. Bemerkenswert ist, dass man die Republikaner nicht vorgewarnt hat. Das Manuskript von Bolton liegt seit Ende 2019 im «National Security Council» im Weissen Haus zur Überprüfung. Scheinbar hat niemand die Senatoren gewarnt.
Gesetzt den Fall Bolton sagt aus: Was würde das bedeuten?
Das kommt darauf an, wie man seine Aussage bewertet. Wenn er nicht noch weitere Zeugen nennen kann, dass beispielsweise Mike Pompeo mit im Raum gewesen sei und man diesen vorladen würde, wird nicht viel dabei rauskommen. Wenn man Bolton anhören würde, wäre das erst der Anfang von vielen weiteren Zeugenaussagen.
Es steht also Aussage gegen Aussage?
Ja. Und da sind wir wieder bei dem Glaubwürdigkeitspunkt. Bolton besitzt eine weit grössere Glaubwürdigkeit unter den Republikanern als Trump, aber unter den republikanischen Wählern hat Trump verrückterweise die grössere Glaubwürdigkeit.
Das Gespräch führte Claudia Weber.