Zwei Wochen lang stand die grosse Koalition wieder einmal auf der Kippe. Sie drohte am Streit rund um die Zukunft des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maassen zu zerbrechen. An einem dramatischen Wochenende haben Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer und die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles einen Kompromiss ausgehandelt. Es sei der kleinste gemeinsame Nenner, sagt Adrian Arnold in Berlin.
SRF News: Wie hat Seehofer die Rückbeförderung von Maassen begründet?
Adrian Arnold: Seehofer hat quasi aus der Position der Schwäche eine Position der Stärke gemacht und sich und seine Regierungspartner gerühmt, man sei eine Koalition, die den Wünschen des Volkes nachkomme und die in einem solchen Moment bereit sei, Kompromisse einzugehen.
Aber in der deutschen Öffentlichkeit hat man eher den Rücktritt des Verfassungsschutzpräsidenten erwartet?
Das war sicherlich vielerorts die Erwartungshaltung, und viele Menschen werden kaum Verständnis dafür haben, dass ein Verfassungsschutzpräsident, der mit seinen umstrittenen Aussagen für so viel Unruhe gesorgt hat, jetzt doch noch einen guten Posten im Innenministerium erhält.
Es ist ein kleinster gemeinsamer Nenner, auf den sich die Grosse Koalition einigen konnte – einer, der für den Bürger auf der Strasse aber schwer nachvollziehbar ist.
Aber Horst Seehofer hatte sich früh an die Seite Maassens gestellt und gesagt: «Wenn Maassen gehen muss, dann werde auch ich als Innenminister gehen». Und das hätte den Bruch der Koalition zur Folge gehabt. Deshalb haben Seehofer und die ganze Regierung nun versucht, irgendwie gesichtswahrend aus dieser Affäre herauszufinden. Es ist der kleinste gemeinsamer Nenner, auf den sich die Grosse Koalition einigen konnte – einer, der für den Bürger auf der Strasse schwer nachvollziehbar ist.
Die Koalition ist nicht auseinandergebrochen. Steht die deutsche Regierung nicht trotzdem geschwächt da?
Doch, das tut sie. Diese Regierung hat in den letzten zwei Wochen noch einmal viel Vertrauen verspielt. Es war nicht der erste grosse Streit in den sechs Monaten, seitdem diese Koalition steht. Sie hat das im Inland, aber sicherlich auch im Ausland getan. Dort stellt man sich die Frage: «Wo ist die Ruhe, die Stabilität der Regierung Merkel geblieben?»
Wie lange wird diese Regierung noch halten?
Das ist eine schwierige Frage. Juso-Präsident Kevin Kühnert hat in einem Interview gesagt, er würde sein nicht vorhandenes Altersguthaben darauf wetten, dass diese Regierung nicht bis Ende der Legislatur halten wird. Das ist bis 2021. Und ich würde mein vorhandenes Altersguthaben darauf wetten, und mich der Meinung von Kevin Kühnert anschliessen.
Das Gespräch führte Barbara Büttner.