Die USA kürzen die Hilfsmittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Zahlungen wurden gestoppt, die Budgets gekürzt und diese Woche werden die ersten Mitarbeitenden aus den verschiedenen Ländern abgezogen. Betroffen sind auch Schweizer Hilfswerke. Die USA ziehen sich aus Verträgen zurück.
Andreas Missbach leitet Alliance Sud, das Schweizer Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik. Er zeigt sich besorgt.
SRF News: Welche Rückmeldungen haben Sie von Schweizer Hilfswerken zum Zahlungsstopp in den USA erhalten?
Andreas Missbach: Wir sind tief erschüttert, auch als Weltbürger. Was hier passiert, hat ganz unmittelbar katastrophale Folgen für viele Menschen. Für die Entwicklungsorganisationen ist das eine sehr grosse Unsicherheit. Man weiss nicht, wie es weitergeht.
Das Schlimmste ist im Bereich der Nothilfe.
Können Sie schildern, was ein Stopp der Geldzahlungen ganz konkret für Projekte vor Ort in den Entwicklungsländern bedeuten kann?
Das Schlimmste ist im Bereich der Nothilfe: Hier hören wir Berichte, dass Medikamente im Sudan nicht mehr ausgeliefert werden können, dass die Wasserversorgung in Flüchtlingslagern nicht mehr funktioniert, dass Kinder, die auf Spezialnahrung angewiesen sind, weil sie sehr stark unterernährt sind, diese nicht mehr erhalten. Es sterben Menschen. Und natürlich soll es Ausnahmen geben für lebensrettende Projekte. Aber das steckt alles irgendwo in der amerikanischen Bürokratie. Niemand weiss, was Sache ist. Was ist mit lebensrettend gemeint? Und wer gibt mir jetzt die Ausnahme?
Die USA stoppen die Zahlungen – zumindest vorübergehend. Was heisst das für die Schweizer Hilfswerke?
Es betrifft einige Hilfswerke, die Projekte zusammen mit der Entwicklungsbehörde USAID haben. Das sind nicht viele Organisationen, es sind auch nicht viele Projekte. Aber für die Verantwortlichen dieser Projekte ist das ein Problem, weil nun die grosse Unsicherheit von 90 Tagen besteht, da wird alles überprüft und es ist offen, ob die Projekte weitergeführt werden.
Auch für die langfristigen Projekte verheisst das Ganze nichts Gutes.
Die USA waren in verschiedenen Projekten in den vergangenen Jahrzehnten führend, zum Beispiel in der Bekämpfung von Aids. In welchen Bereichen erwarten Sie die grössten Rückschläge?
Jeder vierte Dollar in der humanitären Hilfe kommt aus den USA. Die USA sind sehr stark engagiert in Ländern mit akut grossen Bedürfnissen, also beispielsweise im Kongo, in Afghanistan, in Syrien, im Jemen. Ich mag mir nicht ausdenken, was das für die humanitäre Hilfe in diesen Ländern bedeutet. Auch für die langfristigen Projekte verheisst das Ganze nichts Gutes. Wenn Landwirtschaftsprojekte in Malawi gestoppt werden, dann sieht man das vielleicht bei der nächsten oder der übernächsten Ernte. Und dann gibt es möglicherweise dort auch Hunger, der nicht nötig wäre. Wir haben auch vernommen, dass bereits Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entlassen werden mussten, welche Malariaforschung gemacht haben. Dieser Schritt wirkt sich dann vielleicht erst in 15 Jahren aus, wenn diese Forschung nicht vorangekommen ist.
Das Gespräch führte Manuel Rentsch.