Anita Bünter und Jonas Bischoff sind normalerweise Nahost-Korrespondentin und -korrespondent im Job-Sharing. Für das katastrophale Erdbeben in der Türkei und Syrien wurden sie zur Sonderkorrespondentin und zum Sonderkorrespondent. Etwas mehr als eine Woche lang waren sie für SRF im Katastrophengebiet unterwegs. Im Insta-Live stellten sie sich den Fragen der Community.
Was passiert mit den Menschen, die ihr Zuhause verloren haben? «Was mit ihnen passiert, wissen die meisten Menschen selbst nicht», sagt Bünter. Viele leben zurzeit in Zelten oder unter behelfsmässigen Plastikplanen vor ihren zerstörten Häusern, weil sie die Region nicht verlassen möchten. Zum Teil sind die Menschen auch zu ihren Verwandten in andere Regionen der Türkei gereist. Aus der Krisenregion gibt es zudem Gratisflüge für die Erdbebenopfer, damit sie einfach in andere Teile der Türkei reisen können. «Mehrere Städte, die vom Erdbeben stark betroffen sind, sind teils menschenleer.»
Zudem sei es dort sehr kalt, selbst mit wintertauglichen Schlafsäcken, fügt Bischoff an. Sowohl er als auch Bünter hätten draussen im Zelt übernachtet. «Es war immer ein spezieller Moment, wenn die Sonne unterging. Denn dann wurde es jeweils wieder richtig kalt», so Bischoff.
Wer befindet sich noch im Erdbebengebiet? Viele Menschen vermuten noch Angehörige unter den Trümmern. Sie harren aus und hoffen auf ein Wunder, weil es noch immer Meldungen von lebend Geborgenen gibt. «Die Leute sind sich aber bewusst, dass es kaum noch Hoffnung gibt», sagt Bünter. Zumindest wollen sie aber einen Körper haben, den sie begraben können.
Fühlt sich die Bevölkerung von der türkischen Regierung unterstützt oder im Stich gelassen? Es gebe Kritik, so die Sonderkorrespondentin. Die Wut der Menschen in gewissen Regionen ist gross und wird grösser. Sie kritisieren, dass zu wenig und zu langsam Hilfe kam, etwa in den kurdischen Gebieten. «Die Hilfe ist politisiert», sagt Bischoff, sowohl beim Regierungslager als auch bei der Opposition.
Wie funktioniert das Handynetz in den betroffenen Regionen? Das sei sehr unterschiedlich gewesen, rekapituliert Bischoff. Teilweise war die Verbindung sehr schlecht. «Wir haben dann per WhatsApp Nachrichten verschickt, damit wir überhaupt kommunizieren konnten.»
Allerdings habe es an gewissen Orten gar kein Netz gegeben. Für Notfälle hätten sie aber ein Satellitentelefon bei sich gehabt.
Wie geht die betroffene Bevölkerung mit Helfern um? Es gebe eine riesige Solidarität im Erdbebengebiet, sagt Bischoff. «Obwohl wir unser Essen selbst mitgebracht haben, gab es inmitten der zerstörten Bauten Menschen, die Essen verteilt haben und selbst uns Journalistinnen und Journalisten davon zustecken wollten.»
Sie boten auch Kaffee an. «Das war wirklich berührend», so Bischoff.