Das Regime von Baschar al-Assad in Syrien möchte, dass sämtliche Hilfe über Damaskus läuft. So kann es sie kontrollieren – und zugleich seine Anhänger und Günstlinge bevorzugen. Wer humanitäre Lieferungen kontrolliert, gewinnt an Macht.
Mit russischer Hilfe im UNO-Sicherheitsrat wurde deshalb die Zahl direkter Zugänge für humanitäre Hilfe in die von Rebellen kontrollierten Gebiete in Nordwestsyrien auf zuletzt nur noch einen, Bab al-Hawa, reduziert.
UNO drängte auf Öffnung der Übergänge
Der Übergang erwies sich bereits zuvor als Engpass und reichte nach der jüngsten Erdbebenkatastrophe erst recht nicht mehr aus. «Es gelangt nicht genug Hilfe ins Land», beklagte die Schweizer UNO-Botschafterin Pascale Baeriswyl. Die Schweiz koordiniert im UNO-Sicherheitsrat zusammen mit Brasilien die Bemühungen um mehr humanitäre Unterstützung für die Erdbebenopfer in Syrien.
Die UNO hatte seit Tagen auf mehr offene Grenzübergänge gedrängt. Nun drohte der Sicherheitsrat der syrischen Führung mit einer zwangsweisen Öffnung mittels einer Resolution, erklärte Frankreichs UNO-Botschafter Nicolas de Rivière: «Wir brauchen die Zugänge, und zwar sofort.» Es gehe nicht um eine politische, sondern um eine humanitäre Entscheidung.
Assad gibt nach
Gleichzeitig verhandelte UNO-Nothilfechef Martin Griffiths in Syrien mit dem Regime. Am Ende war dieser Weg erfolgreich und eine Sicherheitsratsresolution nicht mehr nötig. Diktator Assad willigt jetzt nämlich ein, vorläufig für drei Monate zwei weitere Grenzübergänge von der Türkei nach Nordwestsyrien zu öffnen.
Zuvor hatte er als Gegenleistung auf die Aufhebung der Sanktionen gegen sein Land beharrt. Doch die sind gar nicht das Problem, denn humanitäre Hilfsgüter, Lebensmittel, Notunterkünfte oder medizinische Lieferungen fallen nicht darunter.
Der Durchbruch kommt recht überraschend. Er ist aber für die Arbeit der UNO und aller in Syrien tätigen Hilfsorganisationen entscheidend und unverzichtbar. Erst damit kann die Nothilfe auch auf der syrischen Seite des Erdbebengebiets deutlich hochgefahren werden.
UNO-Generalsekretär António Guterres begrüsst deshalb den Schritt, ebenso wie zahlreiche Regierungen und Hilfswerke.