Nach dem verheerenden Erdbeben mit Tausenden Todesopfern und Verletzten wird in Marokko noch immer nach Überlebenden gesucht, die Lage ist weiterhin unübersichtlich. SRF-Sonderkorrespondent Daniel Glaus ist in Marrakesch und schildert seine Eindrücke.
Daniel Glaus
Inlandredaktor
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Daniel Glaus ist seit 2015 Inlandredaktor beim Schweizer Fernsehen, zu seinen Dossiers zählen Extremismus und Terrorismus. Zuvor arbeitete der Investigativjournalist beim Recherchedesk von «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche».
SRF News: Wie geht es den Menschen in Marrakesch derzeit?
Daniel Glaus: Hier sind die Schäden nach dem Erdbeben deutlich zu sehen. In den engen Gassen sind ganze Häuserblöcke eingestürzt. Nebst den über 2000 Todesopfern und Tausenden Verletzten sind viele Menschen obdachlos geworden. Auf den Strassen sind zig Familien mit ihrem wenigen Hab und Gut unterwegs. Sie verbringen die Nächte im Freien, auf öffentlichen Plätzen und Parks in Marrakesch. Kleine Kinder schlafen hier auf dem nackten Fussboden, oft nur ausgestattet mit einigen Decken.
Wie laufen die Rettungs- und Hilfsarbeiten?
In der Stadt sieht man viele Polizisten, die Strassen und Häuserblöcke bei einsturzgefährdeten Gebäuden sperren. Auch einzelne Krankenwagen sind unterwegs. Doch bislang sind nur wenige koordinierte Rettungsaktionen und systematische Aufräumarbeiten zu sehen. Die Betroffenen in Marrakesch finden teils Unterschlupf bei Angehörigen in unversehrten Stadtteilen, teils wurden Hotels geöffnet. Kenntnis von eingerichteten Notunterkünften habe ich derzeit nicht. Mehrere Familien sagten mir, sie erhielten von staatlicher Seite bisher keine Unterstützung.
Gibt es bereits Kritik an der Regierung?
Die Menschen in Marrakesch beginnen sich nach dem Schock nun zu ärgern. Sie kritisieren, dass die jahrhundertealten Gebäude in der Altstadt trotz Versprechen der Regierung nicht renoviert worden seien. Denn Gelder für Umbauten wurden bereits vor Jahren gesprochen. Diese Wut ist auf der Strasse zwar unterschwellig spürbar. Doch die Kritik wird nicht offen gegen Marokkos König Mohammed VI. oder die Behörden vorgebracht.
Erhalten die Menschen auf der Strasse gar keine Unterstützung?
Sie sind auf die Hilfe ihrer Mitmenschen angewiesen. Und hier ist die Solidarität sehr gross. Menschen bringen Essen, Trinken und Decken vorbei und helfen einander, wo es geht. Das bemerkt man auch ausserhalb von Marrakesch. Wir begegnen immer wieder kleinen Privatkonvois mit Hilfsgütern, die auf eigene Faust Richtung Epizentrum unterwegs sind. Im Radio wird berichtet, dass die Leute vor Spitälern Schlange stehen, um Blut zu spenden.
Man weiss teilweise noch nicht, ob die Menschen in der Nähe des Epizentrums überlebt haben und welche Hilfe sie benötigen.
Wie ist die Lage in der Nähe des Epizentrums?
Die am stärksten betroffenen, entlegenen Dörfer im Atlasgebirge sind für die Rettungskräfte nur schwer zu erreichen. Gewisse Strassen sind noch immer blockiert und müssen erst geräumt werden. Nach dem Erdbeben gab es dort Stromausfälle und das Telefonnetz ist zusammengebrochen. Man weiss also teilweise noch nicht, ob die Menschen in der Nähe des Epizentrums überlebt haben und welche Hilfe sie konkret benötigen. Es kursieren aber Videos auf sozialen Medien, die zeigen, wie viel grösser die Zerstörung sein muss, je näher man dem Epizentrum kommt.
Suche nach Überlebenden in Bergdörfern
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Nach dem schweren Erdbeben in Marokko mit mindestens 2000 Toten geht die Suche nach Überlebenden weiter. Doch die Einsatzkräfte kommen in abgelegenen Bergdörfern nur schwer voran. In der Nähe der kleinen Stadt Moulay Brahim stürzten grosse Teile einer Klippe auf eine Strasse, die Marrakesch mit dem Atlasgebirge verbindet. Sie ist deshalb teilweise blockiert.
Ein kleines Bergdorf in der Provinz Chichaoua wurde nahezu vollständig zerstört, wie der staatliche marokkanische Fernsehsender TV 2M meldete. 65 Leichen seien geborgen und ein Massengrab eingerichtet worden. Allein in Chichaoua wurden 191 Todesfälle registriert. (dpa)
Wie geht es nun weiter?
Verschiedene Länder wie Spanien, Israel oder auch die Schweiz haben Marokko ein Hilfsangebot unterbreitet. Diese Einsätze werden nun geplant. Die Menschen in Marrakesch wissen nicht, wie es für sie weitergeht. Sie dürfen wegen drohender Nachbeben teils nicht zurück in ihre Häuser. Die Suche nach Überlebenden geht weiter. Doch die Lage in Marokko ist noch immer unübersichtlich.
Das Gespräch führte Laura Sibold.
Acht Schweizer Experten warten auf Hilfseinsatz
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Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat ein achtköpfiges Team des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe zusammengestellt. Es wartet nun auf eine Antwort der marokkanischen Behörden.
Die Behörden im nordafrikanischen Land hätten noch nicht auf das Hilfsangebot reagiert, schrieb das EDA am Sonntagvormittag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Team aus acht Expertinnen und Experten stehe für den Einsatz bereit.
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