- In Nordsyrien eskaliert die Lage rund um die umkämpfte Rebellenhochburg Idlib immer weiter.
- Syrische Regierungstruppen sollen in der Region türkische Verbände attackiert und dabei mindestens 33 Soldaten Ankaras getötet haben.
- Die Türkei reagierte in der Nacht mit Vergeltungsschlägen auf Stellungen der Truppen von Machthaber Baschar al-Assad – dabei sollen 16 syrische Soldaten getötet worden sein.
- Gleichzeitig bat Ankara um Unterstützung der Nato und drohte mit der Öffnung seiner Grenzen für ausreisewillige Flüchtlinge.
Kremlchef Wladimir Putin und Präsident Recep Tayyip Erdogan haben sich besorgt über die Lage gezeigt. Das teilte der Kreml nach einem Telefonat der beiden Staatschefs mit. Bei dem Gespräch sei es darum gegangen, wie die Vereinbarung für die Deeskalationszone in der Rebellenhochburg umgesetzt werden könne. Dazu sollten die Aussen- und die Verteidigungsminister ihre Kontakte verstärken.
Der Kreml teilte mit, dass Putin und Erdogan ein baldiges Treffen auf höchster Ebene vereinbart hätten. Details waren zunächst nicht bekannt. Nach Angaben des russischen Aussenministers Sergej Lawrow sollten derweil die Verhandlungen von Türken und Russen für einen Ausweg aus der Lage fortgesetzt werden.
Unmittelbare Reaktion der Türkei
Als direkte Reaktion auf die Tötung der Soldaten hatte die Türkei Vergeltungsangriffe gestartet. Dabei sind laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 16 syrische Soldaten getötet worden.
Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge, das Militär habe mehr als 200 Regime-Ziele angegriffen und dabei 309 Soldaten «neutralisiert». Es ist unklar, ob das getötet oder verletzt bedeutet. Ausserdem seien unter anderem fünf Helikopter, 23 Panzer und Gebäude eines militärischen Hauptquartiers zerstört worden.
Die türkische Regierung hatte angekündigt, syrische Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa nicht mehr aufhalten. Die Türkei werde die Grenzen nicht länger für Flüchtlinge schliessen, die «nach Europa wollen», sagte ein ranghoher Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP.
Inzwischen hat die Türkei Berichte jedoch zurückgewiesen, wonach sie den Flüchtlingen im Land die Grenzen Richtung Europa geöffnet habe. «In der Flüchtlings- und Migrationspolitik unseres Landes, das die meisten Flüchtlinge in der Welt aufgenommen hat, gibt es keine Änderung», hiess es in einer Stellungnahme des Aussenministeriumssprechers Hami Aksoy.
Waffenruhe gebrochen
Idlib ist das letzte grosse Rebellengebiet in dem Bürgerkriegsland. Die Situation dort war jüngst eskaliert. Die Türkei unterstützt in dem Konflikt islamistische Rebellen. Mit Russland als Schutzmacht der syrischen Regierung hatte sie ein Abkommen getroffen, um in Idlib eine Deeskalationszone einzurichten und hatte dort Beobachtungsposten eingerichtet.
Eigentlich gilt auch eine Waffenruhe. In den vergangenen Wochen war das syrische Militär mit russischer Unterstützung aber weiter in dem Gebiet vorgerückt. Hunderttausende sind auf der Flucht. Nach UNO-Angaben sind seit Anfang Dezember fast 950'000 Menschen vor der Gewalt geflohen.
Helfer beklagen eine katastrophale humanitäre Lage. Es fehlt an Unterkünften, Lebensmitteln, Heizmaterial und medizinischer Versorgung. Hilfsorganisationen sprechen vom schlimmsten Flüchtlingsdrama seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor fast neun Jahren.