- Die Sozialistin Francina Armengol ist neue Parlamentspräsidentin in Spanien.
- Sie wurde überraschend mit absoluter Mehrheit gewählt.
- Damit steigen die Chancen des Sozialisten Pedro Sánchez auf eine Wiederwahl als Ministerpräsident.
- Vor dreieinhalb Wochen mussten die Sozialisten bei den Parlamentswahlen eine Niederlage einstecken.
«Dieser überraschende Etappenerfolg ebnet Sánchez den Weg für eine weitere Amtszeit», meinte Politologin Paola Cannata in einer Sondersendung des TV-Senders RTVE. In der Talkrunde stimmten alle zu.
Denn zur Fortführung seiner Regierung braucht Sánchez neben der Unterstützung mehrerer anderer Parteien auch und vor allem einen Schulterschluss mit den radikalsten unter den katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern: Der Partei Junts, deren Chef Carles Puigdemont in Brüssel im Exil lebt. Hier galt ein Abkommen bisher als unwahrscheinlich. Aber die sieben Junts-Abgeordneten votierten heute alle für Armengol.
Das zeigt, dass es trotz aller Differenzen einen funktionierenden Kommunikationskanal zwischen den Sozialisten von Sánchez und Junts gibt. Am Donnerstag gab es nach einer Junts-Mitteilung zunächst ein Abkommen, einzig und allein zur Wahl Armengols. Der genaue Inhalt blieb vorerst unbekannt.
Der Preis für eine mögliche Wiederwahl
Als sicher gilt, dass Puigdemont und Co. für eine Wiederwahl von Sánchez zum Ministerpräsidenten noch mehr verlangen dürften. Der Separatisten-Boss, in Spanien immer noch ein Justizflüchtling, hatte in den vergangenen Wochen unter anderem ein Unabhängigkeitsreferendum gefordert, das Sánchez allerdings unter keinen Umständen zusagen dürfte.
In jüngsten Mitteilungen schaltete der Katalane jedoch einen Gang herunter und meinte, er wolle von Sánchez «nachweisbare» Zugeständnisse. Das könnten etwa Amnestien oder mehr Selbstverwaltung sein.
Nach den konstituierenden Sitzungen des Unterhauses und des Senats werden die Gespräche zwischen den Parteien zur Regierungsbildung nächste Woche in die entscheidende Phase treten. Die Gefahr einer monatelangen politischen Hängepartie sei immer noch nicht gebannt, hiess es in der TV-Talkrunde.
Viele Allianzen sind nötig
Ministerpräsident Pedro Sánchez, der schon oft politisch totgesagt wurde und immer wieder Widerstände innerhalb und ausserhalb der eigenen Partei überwinden konnte, braucht nicht nur die Unterstützung von Junts und dem linken Wahlbündnis Sumar, sondern auch von mehreren Regionalparteien aus Katalonien, dem Baskenland, Galicien und den Kanaren, die alle vorwiegend nationalistisch ausgerichtet sind und lange Wunschlisten haben.
Parallel zu den schwierigen Gesprächen zwischen den Parteien wird König Felipe VI. wohl schon nächste Woche Konsultationen mit allen im Parlament vertretenen Parteien durchführen. Der Monarch ist es, der einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten ernennen muss. Er hat dabei keine Vorgaben, auch keine zeitlichen. Aber das heisst nicht, dass er sich Zeit lassen wird. Denn auch er weiss um die Risiken eines «Bloqueo», einer monatelangen politischen Blockade, wie sie Spanien schon 2015/2016 und 2019 erlebte.