Worum geht es bei einem Öl- und Gasembargo? Im aktuellen Fall überlegen sich die Energieminister und -ministerinnen der EU-Staaten, kein Öl oder Gas mehr aus Russland zu beziehen. Gemäss Berechnungen der Nachrichtenagentur dpa hat die EU seit dem 24. Februar, seit Beginn des Krieges, 44 Milliarden Euro an die Gazprom-Bank überwiesen. Rund 50 Prozent aller Öl- und Gasbezüge der EU stammen gemäss Angaben von Elisabeth Christen aus Russland. Christen ist Aussenhandelsökonomin am österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung in Wien.
Wie reagiert Russland? Russland seinerseits hat bereits beschlossen, den EU-Staaten Bulgarien und Polen kein Gas mehr zu liefern. Als weiteren Schritt könnte Russland anderen öl- und gasexportierenden Ländern in seinem Einflussbereich verbieten, den Europäern Energie zu liefern, zum Beispiel den Ländern Aserbaidschan und Kasachstan. Die Expertin hält auch fest, dass – wenn die EU ein Ölembargo beschliessen würde – Russland als Reaktion darauf das Gas in ganz Europa abstellen könnte. Man müsse einberechnen, dass Russland vielleicht Retorsionsmassnahmen ergreifen würde.
Warum möchten einige Staaten der EU ein Gas- und Ölembargo gegenüber Russland beschliessen? Das Ziel der EU sei, mit dieser neuen geplanten Sanktion die Deviseneinnahmen Russlands noch mehr einzuschränken und die russische Wirtschaft noch mehr zu isolieren, so Christen. Dies sei schon durch den teilweisen Ausschluss aus Swift und durch die Sanktionen gegen die russische Zentralbank geschehen. «Ein Teil der russischen Einnahmen durch die Öl- und Gasproduktion wird von der Gazprom-Bank in Rubel umgewertet. Damit wird der Wechselkurs gestützt.» Wenn dies auch wegfiele, hätte Russland weniger Einnahmen, sowohl für den Krieg als auch für die Wirtschaft.
Sind sich die EU-Staaten einig? Die 27 EU-Staaten sind sich gar nicht einig über diese neue Sanktion. Ungarn droht gar mit einem Veto. Dies würde ein Embargo verhindern, weil die Beschlüsse in der EU-Kommission einstimmig gefällt werden müssen. Insbesondere mittel- und osteuropäische Länder sind stärker von Russlands Energie abhängig als westeuropäische Länder.
Ein reines Ölembargo ist nicht ganz unrealistisch.
Wie realistisch ist ein Beschluss für ein Öl- und Gasembargo gegen Russland? Christen sagt dazu: «Die Verhandlungen sind schwierig, aber ein reines Ölembargo ist nicht ganz unrealistisch.» Die Suche nach Alternativen sei beim Öl einfacher als beim Gas. Russland nimmt beim Gas eine Monopolstellung ein.
Könnte Öl und Gas aus anderen Ländern überhaupt genutzt werden? Es gibt in vielen Ländern keine andere Infrastruktur als die für die russische Energie, so die Fachfrau. Die meisten Länder seien im Energiesektor stark mit Russland vernetzt. Auch deshalb sei eine kurzfristige Umstellung auf Energieträger aus anderen Ländern schwierig.
Was wären die wirtschaftlichen Folgen für die EU? Da die Abhängigkeit von russischer Energie unterschiedlich ist, sind es auch die Folgen, die ein Embargo hätte. Doch die EU könnte gemeinsam alternative Verträge für Energielieferungen abschliessen, zum Beispiel mit Algerien oder den USA. Diese Energie würde dann nach einem Verteilschlüssel auf die Länder verteilt. So würden die Folgen etwas gemildert.
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