- Die griechische Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Eva Kaili, muss wegen schwerer Vorwürfe ihren Posten räumen.
- Die Abgeordneten stimmten mit nur einer Gegenstimme in Strassburg für die Absetzung der 44-Jährigen.
- Kaili sitzt seit Sonntag in Belgien in Untersuchungshaft wegen Verdachts der Bestechlichkeit.
Kaili selbst liess über ihren Anwalt am Dienstag ihre Unschuld beteuern. «Ihre Position ist, dass sie unschuldig ist. Sie hat nichts mit Geldflüssen aus Katar zu tun, überhaupt nichts», sagte Michalis Dimitrakopoulos dem griechischen Fernsehsender Open. Zu Details dürfe er sich nicht äussern. Auch habe er kein Bild davon, ob Gelder gefunden worden seien und wenn ja, welche Summen. Dimitrakopoulos wies jedoch Medienberichte zurück, wonach unter der Kinderwiege der kleinen Tochter von Kaili 160'000 Euro gefunden worden seien.
Auch der vorübergehend festgenommene Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbunds, Luca Visentini, wies jede Schuld von sich. «Sollten weitere Anschuldigungen erhoben werden, freue ich mich auf die Gelegenheit, sie zu widerlegen, da ich mir nichts vorzuwerfen habe», sagte der Italiener einer am Dienstag veröffentlichen IGB-Mitteilung zufolge.
Das Europäische Parlament wird angegriffen, die europäische Demokratie wird angegriffen, und unsere Art der offenen, freien, demokratischen Gesellschaften wird angegriffen.
Die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, hatte sich bereits am Montag in einer eindringlichen Rede an das Parlament gewendet und eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe versprochen. Angesichts der Enthüllungen sprach sie von Wut, Zorn und Kummer. «Das Europäische Parlament, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird angegriffen, die europäische Demokratie wird angegriffen, und unsere Art der offenen, freien, demokratischen Gesellschaften wird angegriffen.»
Bereits am Wochenende hatte Metsola der ehemaligen TV-Moderatorin Kaili, die eine von 14 Vize-Präsidentinnen und -Präsidenten des Parlaments ist, alle Befugnisse in diesem Amt entzogen. Aus ihrer griechischen Pasok-Partei und der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament wurde sie ebenfalls ausgeschlossen. Für ihre Absetzung als Vizepräsidentin war eine Mehrheit von zwei Dritteln der Abgeordneten nötig. Die Entscheidung ist unmittelbar wirksam.
Alle Vermögenswerte von Kaili und ihrer Familie eingefroren
«Um weiteren Schaden von der europäischen Demokratie abzuwenden, braucht es jetzt eine unverzügliche und gründliche Aufarbeitung des Korruptionsskandals, dessen volles Ausmass wir bislang noch nicht erahnen können», sagte der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan der Deutschen Presse-Agentur. Es müsse einen Untersuchungsausschuss und ein Ethikgremium geben.
Die Fraktionschefin der Grünen, Terry Reintke, sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Wir sind geeint in dem Ziel, volle Aufklärung zu erreichen und weitere präventive Massnahmen zu ergreifen.» Ihre Fraktion setze sich für umfassende Transparenz ein.
Die Behörden treiben unterdessen ihre Ermittlungen voran. Am Montag liess die Anti-Geldwäsche-Behörde in Kailis Heimat Griechenland alle Vermögenswerte der 44-Jährigen, ihrer Eltern, ihrer Schwester und ihres Lebenspartners einfrieren. In Brüssel durchsuchten Ermittler zu Wochenbeginn Räumlichkeiten im EU-Parlament. Dabei wurden Daten von Computern von zehn parlamentarischen Mitarbeitern beschlagnahmt.