Als die jahrzehntelang gesuchte mutmassliche RAF-Terroristin entdeckt, enttarnt war, musste sie noch kurz aufs Klo. Gerade hatten zwei Polizeibeamte an ihrer Tür geklingelt, die Personenkontrolle in Berlin-Kreuzberg war ein Volltreffer. Die Beamten waren wohl selber ziemlich erstaunt: Klette leistete keinen Widerstand – aber eben, kurz nur müsse sie austreten, dann komme sie mit.
Da hätten die Alarmglocken der Polizisten klingeln sollen. «Kurz aufs Klo», das kennt man aus jedem Krimi und ist der wohl älteste Ganoven-Trick überhaupt. Doch Klette durfte aufs Klo. Was die Beamten im Gang draussen nicht wussten: Klette schrieb hinter der verschlossenen Tür eine SMS an Burkhard Garweg, ihren alten RAF-Terror-Komplizen. «Sie haben mich», stand da sinngemäss drin. Nach dieser klaren Warnung spülte sie die SIM-Karte ihres Handys das Klo runter und folgte den Beamten dann auf den Posten.
Die kurze SMS ermöglichte Garweg wohl die Flucht. Dieser lebte nur ein paar Kilometer von Klettes Wohnung in Berlin-Kreuzberg entfernt in einem Bauwagen. Wie Klette lebte auch er nicht gänzlich im Versteckten. Er ging Essen und Zigaretten kaufen, führte Hunde aus. Und fälschte in seinem Bauwagen offenbar auf sehr hohem Niveau Reisepässe.
Klette und Garweg waren in Kontakt
Fast 30 Jahre lang waren Garweg und Klette auf der Flucht. Irgendwie fühlt man sich nach so langer Zeit offenbar ziemlich sicher – die beiden schickten sich Handybilder, chatteten. Immerhin fand die Polizei die Fotos auf Klettes Telefon, dafür braucht es keine SIM-Karte. Seither weiss man, wie Garweg heute aussieht, die Schlinge zieht sich auch um ihn zu. Aber gefasst ist er nicht.
Klette und Garweg, sie waren Mitglieder der sogenannten dritten RAF-Generation, Terror-Nachfahren von Andreas Baader, Gudrun Ensslin oder Ulrike Meinhof. Die RAF wollte in den 70er-Jahren den westdeutschen Staat, die westdeutsche Demokratie zerstören, mordete, raubte, brandschatzte. Der RAF-Linksterrorismus brannte sich in die Seelen der Menschen ein, es war traumatisch. Bleierne Jahre. Und die Suche nach den Tätern, den Täterinnen, endete nie.
Fragliche Polizeifehler
Die Verhaftung von Daniela Klette hätte der Schlüssel sein können für weitere Festnahmen, doch eben: Das wurde verstolpert. Haarsträubende Fehler machte die Polizei auch nach der Verhaftung Klettes: Erst Tage später fanden die Beamten eine Kalaschnikow und eine Panzerfaust in einem unverschlossenen Schrank in Klettes Wohnung. Die erste Durchsuchung verlief offenbar nicht gerade gründlich.
Gefunden wurden auch über ein Kilo Gold und Zehntausende Euro in bar. Die Beute aus Überfällen auf Geldtransporter und Ladengeschäfte, mit denen sich Klette und Garweg mutmasslich das Leben im Untergrund finanzierten. Auch Garweg wird wohl noch ein paar Euro in der Tasche haben, um seine Flucht zu finanzieren, es könnte länger dauern. Als Passfälscher wird er sich wohl auch ausweisen können – man vermutet, dass er sich ins Ausland abgesetzt hat.
Als sicher aber darf gelten: Wenn man ihn dann im Visier hat, der Zugriff bevorsteht, werden nicht nur zwei Polizisten, sondern ein bis an die Zähne bewaffnetes Sondereinsatzkommando vor Ort sein.
Und aufs Klo wird Garweg ganz sicher nicht mehr gehen dürfen.