Ein grosses Militärflugzeug aus Qatar rollt auf seinen Standplatz auf dem Flughafen von al-Arisch. Eigentlich militärisches Sperrgebiet im östlichen Sinai, etwa eine Stunde von der Grenze zum Gazastreifen entfernt. Möglich macht den Besuch für Journalisten eine Pressereise, organisiert vom ägyptischen Medienzentrum.
Nach einem letzten Aufheulen der Turbinen kommt das Transportflugzeug gleich neben einem anderen der Europäischen Union zum Stillstand. Ein grosses Tor öffnet sich am Heck des Flugzeuges und die freiwilligen Mitarbeitenden des ägyptischen Roten Halbmondes machen sich ans Werk.
Sie würden hier die Hilfslieferungen entgegennehmen und auf ihre Haltbarkeit überprüfen, erzählt einer der freiwilligen Mitarbeitenden. Das sei vor allem bei den Nahrungsmitteln und Medikamenten notwendig. Etwa 10 Flugzeuge würden hier pro Tag landen.
«Glücklicherweise haben wir derzeit eine Waffenruhe», sagt ein anderer Helfer. Dank dieser hätten die Freiwilligen zwischen 200 und 250 Lastwagen an die Grenze schicken können, mehr als zuvor. Und wahrscheinlich auch mehr als in den nächsten Tagen, denn die Waffenruhe ist abgelaufen.
Lastwagen und Ambulanzen warten auf Abfertigung
Die Lastwagen machen sich auf zur Grenze nach Rafah. Im November konnten diese knapp 3000 Lastwagen und 18 Ambulanzwagen in den Gazastreifen passieren. Viele aber warten noch am Grenzübergang auf ihre Abfertigung. Über zwei Kilometer reihen sich die Lastwagen aneinander.
Seit acht Tagen sitze er hier fest, sagt Ahmed Sameh. Er transportiere Kleider. Priorität hätten aber Lebensmittel und Medizin. Sameh ist schon zum dritten Mal hier. Es gehe langsam voran, Rafah sei nicht für einen derart grossen Umschlag gerüstet.
An jenem letzten Tag der Feuerpause ist nicht viel los am Grenzübergang Rafah. Zwei Ambulanzen überqueren die Grenze Richtung Gazastreifen, vereinzelt kommen von dort leere Lastwagen zurück nach Ägypten.
Viele Palästinenser wollten nach Gaza zurück
Etwas abseits sitzen ein paar Träger gelangweilt im Schatten der Absperrmauern. Sie würden das Gepäck von Palästinensern, die zurück in den Gazastreifen wollten, über die Grenze tragen, sagt Hashem Abdelhadi. Und das waren während der Tage der Feuerpause nicht wenige.
Viele wollten zurück, sagt der Träger. Studentinnen oder Gastarbeiter, die während des Krieges in Ägypten gestrandet sind. An Spitzentagen seien es sogar über 300 Menschen, die nach Gaza zurückkehrten. Aus Gaza heraus konnten letzten Monat rund 400 verwundete Palästinenserinnen und Palästinenser ausgeführt werden.
Einige werden im Spital von al-Arisch behandelt, darunter der zehnjährige Yehia. Es gehe ihm gut, doch die Verletzungen schmerzten. Sein rechter Arm und ein Bein sind eingegipst, seine Augen sind blutunterlaufen. Mit seinem Cousin spielt er ein Brettspiel auf seinem Krankenbett. Sie sind die einzigen ihrer Familien, die über die Grenze kamen.
Sein Wohnblock wurde zweimal nacheinander angegriffen, sagt der Junge. Beim ersten Angriff konnte er sich noch in Sicherheit bringen. Beim zweiten Mal schlief er und erwachte hier im Spital. Er mache sich grosse Sorgen um seine Eltern. Seit dem Angriff vor einer Woche hat er nichts mehr von ihnen gehört.