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Wie geschwächt ist die Hamas?
Aus Echo der Zeit vom 29.11.2023. Bild: Keystone/MOHAMMED SABER
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Wie weiter im Gazastreifen? «Die Hamas in Gaza-Stadt wird wohl nicht überleben»

Aktuell herrscht Waffenruhe im Gazastreifen. Doch das Abkommen zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen ist fragil – und Israel hat sein Ziel, die Hamas zu zerstören, noch nicht erreicht. Der Genfer Militärexperte Wolfgang Richter vermutet, dass Israel die Kämpfe bald wieder aufnehmen wird.

Wolfgang Richter

Sicherheitsexperte

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Wolfgang Richter ist Sicherheitsexperte beim Geneva Center for Security Policy. Davor war er Sicherheitsexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Er ist ehemaliger Oberst der deutschen Bundeswehr und war langjähriger Vertreter Deutschlands bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und bei der UNO.

SRF News: Wie steht es denn nach den bisherigen Kriegswochen um die militärische Stärke der Hamas?

Wolfgang Richter: Der Hamas-Struktur im Gazastreifen gehörten insgesamt rund 25'000 Kämpfer an. Und man geht von bislang rund 5000 gefallenen und ebenso vielen verwundeten Kämpfern aus. Wenn Israel die Kämpfe im nördlichen Gazastreifen – in und um Gaza-Stadt – wieder aufnimmt, wird die dortige Hamas-Struktur kaum Chancen haben zu überleben.

Der vor der israelischen Invasion befürchtete, blutige Häuserkampf ist bislang mehrheitlich ausgeblieben. Warum?

Die Hamas ist nicht dazu ausgebildet, eine konsistente Verteidigungslinie aufzubauen und zu halten. Ihre Stärke ist der Guerillakampf: Schnelles zuschlagen, sich verbergen und an anderer Stelle erneut zuschlagen. Das wird durch das Tunnelsystem begünstigt, doch eine kohärente Verteidigung ist das nicht. Entsprechend hat die Hamas auch Gelände verloren.

Nach dem Kampf findet man bloss noch ein Ruinenfeld vor.

Die israelische Armee ihrerseits kämpft sehr organisiert und geht im Gefecht verbundener Waffen vor. Dabei werden zunächst vor allem Blockaden, Verstecke und Deckungen zerstört. Entsprechend findet man nach dem Kampf nur noch ein Ruinenfeld vor.

Vollständig zerstörte Häuser, Ruinen.
Legende: Der Grad der Zerstörung in manchen Teilen des Gazastreifens ist immens. Reuters/Mohammed Salem

Wie nahe ist Israel dem Ziel, die Hamas zu zerschlagen?

Die Hamas als Organisation wird Israel auf keinen Fall zerstören können, denn viele ihrer politischen Anführer halten sich ausserhalb des Gazastreifens auf – in Istanbul, Katar oder in Beirut. Im Gazastreifen dürften noch bis zu 15'000 Kämpfer unter Waffen sein.

Die Menschen im Süden des Gazastreifens können nirgends mehr hin.

Manche von ihnen dürften sich inzwischen in den Süden des Gebiets begeben haben. Wenn Israel also alle Kämpfer eliminieren will, muss es auch dort militärisch aktiv werden. Das aber würde die humanitäre Katastrophe weiter verschlimmern, denn die Menschen sind ja vom Norden in den Süden geflohen und können von dort nirgends mehr hin.

Könnte aus der Waffenruhe ein längerfristiger Waffenstillstand werden?

Ausschliessen kann man das nicht vollständig, denn der Druck auf Israel – vor allem auch von Verbündeten – ist hoch, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Und für Israel wird es kaum möglich sein, die Millitäraktion auf den Süden des Gazastreifens auszuweiten, ohne die dorthin geflohene Zivilbevölkerung massiv in Mitleidenschaft zu ziehen.

Israels Führung ist überzeugt davon, die Hamas vernichten zu müssen.

Andererseits ist die israelische Führung absolut davon überzeugt, die Hamas vernichten zu müssen, um das Sicherheitsversprechen für seine Staatsbürger halten zu können.

Wie geht es weiter, wenn die Kriegshandlungen beendet sind?

Sicherheit für Israel ist nur möglich mit einer Zweistaatenlösung. Beide Staaten müssen souverän und sicher sein, nur so ist eine langfristige Lösung des Nahostkonflikts möglich. Doch ich bin nicht sicher, ob Benjamin Netanjahu dafür der richtige Mann ist. Schliesslich regiert er in einer Koalition mit rechtsextremen Parteien, die die Interessen der Siedler vertreten. Und letztere wollen eine solche Lösung um jeden Preis verhindern.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

Echo der Zeit, 29.11.2023, 18:00 Uhr ; 

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