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Feuersbrunst in Los Angeles Hier kam alles zusammen für den perfekten Feuersturm

Die Behörden sprechen von der grössten Feuerkatastrophe seit Menschengedenken in Los Angeles. Wie konnte es dazu kommen?

Apokalyptische Szenen beherrschen Los Angeles: Dichter Rauch liegt über der Stadt. Viele Menschen tragen Masken. Alle Schulen sind geschlossen. Hunderte Häuser sind bereits abgebrannt. Angepeitscht werden die Brände von stürmischen, warmen Winden aus dem Landesinnern. Die Löscharbeiten gestalten sich extrem schwierig.

Ist der Klimawandel schuld?

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Feuer mit Palmen im Vordergrund bei Nacht.
Legende: Reuters/Ringo Chiu

Klar ist: Niemand kann ernsthaft behaupten, dieses oder jenes Feuer hätte es ohne den menschengemachten Klimawandel nicht gegeben. Fakt aber ist: Mit der Klimaerwärmung werden die Wetterextreme häufiger – und potenziell verheerender. Es gibt längere Trockenphasen bei höheren Temperaturen. Folge: Die Vegetation trocknet stärker aus. Damit steigt in solchen Wetterphasen unweigerlich die Gefahr von verheerenden, riesigen Bränden, vor allem wenn etwa starke, trockene Winde dazukommen. Davon betroffen ist auch und insbesondere Kalifornien, wo Trockenphasen schon immer vorgekommen sind. Feuerexperte Held: «Die Trockenphasen sind jetzt aber länger. Als Folge davon beobachten wir in den letzten Jahrzehnten eine Verlängerung der Waldbrandsaison in Kalifornien.»

Mit den Wetterextremen verhält es sich umgekehrt genau gleich: Wärmere Meere und Atmosphäre infolge des menschengemachten Klimaerwandels haben zur Folge, dass mehr Energie im System ist, die Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, Ereignisse von Starkniederschlägen werden dadurch womöglich häufiger und vor allem noch extremer. Deshalb muss man künftig häufiger mit Katastrophen wie etwa jenen vom letzten Sommer im Tessin oder im spanischen Valencia rechnen. Übrigens: Vor knapp einem Jahr, Anfang Februar 2024, war auch Südkalifornien von solchen Extremniederschlägen heimgesucht worden – also genau jene Region, die jetzt unter der Trockenheit und den Feuersbrünsten leidet. Die Behörden sprachen damals davon, dass seit 150 Jahren nicht so viel Regen innert so kurzer Zeit gefallen sei. Es kam zu Überschwemmungen, Sturzfluten und Erdrutschen. Mehrere Menschen kamen ums Leben.

«Bei einem Feuchtegehalt in der Vegetation von bloss vier bis sechs Prozent – wie in Los Angeles gemessen wurde – brennt alles wie Zunder», sagt Alexander Held, Experte für Feuermanagement und Waldrisiko beim Europäischen Forstinstitut in Bonn.

Es sind die perfekten Zutaten zum Feuersturm.
Autor: Alexander Held Experte für Feuermanagement und Waldrisiko in Bonn

Held fasst damit in einem Satz zusammen, wie es zu dem Feuerinferno in Kalifornien kommen konnte: Monatelange Trockenheit, extrem trockene Vegetation – und die starken Santa-Ana-Winde, die aus jedem Funken potenziell eine Feuersbrunst machen. «Es sind die perfekten Zutaten zum Feuersturm.»

Es hat schon immer mal wieder gebrannt

Wald- und Buschfeuer sind in Kalifornien eigentlich ein völlig natürliches Phänomen. Hier gab es schon immer längere Trockenphasen und Feuer, ausgelöst beispielsweise durch Blitzschläge. Natürlicherweise gab es viel häufigere, aber auch kleinere Brände. «An solche Feuer ist die Vegetation in Kalifornien angepasst», sagt Brandexperte Held.

Dass es jetzt in Los Angeles derart schlimm gekommen ist, dafür macht der Experte vor allem zwei Entwicklungen verantwortlich: Einerseits breitet sich der Mensch immer weiter aus, manche Wohngebiete liegen inzwischen sehr nah an den kalifornischen Vegetationsgebieten.

Und wenn diese in Brand geraten – womöglich unter den geschilderten «perfekten Bedingungen» für ein Feuer, kommt es zu immensen Schäden in den Wohngebieten.

Es gibt kein Feuermanagement

Einen zweiten Faktor sieht Held im mangelnden Feuermanagement: «Wer in Kalifornien lebt, muss wissen: Die Frage ist nicht, ob es brennt, sondern wann es brennt.» Entsprechend müsse man sich auf diesen Fall vorbereiten – und da seien auch die Behörden gefordert: Die Vegetation behandeln, etwa durch Mähen, mulchen oder gezielte Ansiedlung von gewissen Pflanzenarten.

Manchmal liege die richtige Massnahme auch in gezielt gelegten, kleineren Bränden – bei Bedingungen, die eine Feuerkatastrophe ausschliessen. Also etwa dann, wenn die Vegetation noch nicht extrem ausgetrocknet ist, es mit Sicherheit windstill ist und für den Notfall die Feuerwehr mit genügend Wasserreserven bereitsteht.

Dabei müsse für die Bevölkerung in Los Angeles klar sein: «Man muss dort zuweilen mit Rauch in der Luft leben können, daran führt kein Weg vorbei», so Held.

Jeder ist gefordert in Kalifornien

Gefordert seien die in Kalifornien lebenden Menschen auch ganz konkret – etwa, indem sie ihre Gärten und Hecken so gestalten, dass diese die Brände möglichst nicht noch weiter tragen oder verstärken.

Der Mensch ist grundsätzlich faul und hofft, dass es ihn nicht trifft.
Autor: Alexander Held Experte für Feuermanagement und Waldrisiko in Bonn

Er habe in Videos gesehen, wie völlig ausgetrocknete Hecken zwischen den einzelnen Häusern quasi als Zündschnüre zur Weiterverbreitung des Feuers fungierten, so Held. Solches gelte es zu verhindern – durch gezielte Gestaltung der Gärten.

Allerdings: «Der Mensch ist grundsätzlich faul und hofft, dass es ihn nicht trifft», sagt Held. Und so unternehme man persönlich in der eigenen, unmittelbaren Umgebung nichts oder wenig – und hoffe, dass im äussersten Fall der Fälle dann die Feuerwehr das Schlimmste verhindere.

Das allerdings ist eine Illusion, wie die jetzige Katastrophe in Los Angeles vor Augen führt.

SRF 4 News, Podcast Newsplus, 9.1.2025, 17:15 Uhr ; 

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