Venezuela und Russland waren bis vor Kurzem enge Partner. Doch mit dem Ukraine-Krieg ist von einem Kurswechsel die Rede. Denn die USA wollen an die Erdölvorkommen, um die gestoppten russischen Lieferungen zu kompensieren.
Genug Öl hat Venezuela auf jeden Fall, sitzt das Land doch auf den grössten Öl-Reserven der Welt. Mit den internationalen Sanktionen wird allerdings aktuell fast kein Öl mehr gefördert. Denn durch den Wirtschaftseinbruch ist die gesamte Energie-Infrastruktur zerfallen.
In drei Monaten soll Öl wieder fliessen
Experten in Caracas rechnen mit drei Monaten, um die Öl-Industrie wieder hochzufahren, wie Lateinamerika-Korrespondent David Karasek sagt. Mit Hilfe der USA könnte das eventuell rascher gehen. Die USA brauchen die fossilen Energieträger, weil sie im eigenen Land die Produktion nicht so schnell hochfahren können.
Für Venezuelas Präsident Nicolás Maduro würde die Kehrtwende vor allem finanzielle Sicherheit für das Krisenland bedeuten. Bisher konnte das Land auf die Hilfe Russlands zählen, das die harten Sanktionen etwas milderte. Ob Russland im Krieg weiterhin so zahlungskräftig ist, stellt Maduro nun in Frage. «Maduro nutzt die Gunst der Stunde, um sich einem anderen Geldgeber zuzuwenden», konstatiert Karasek.
Maduro nutzt die Gunst der Stunde, um sich einem anderen Geldgeber zuzuwenden.
Es war eine US-Delegation rund um den Chef Lateinamerika im Nationalen Sicherheitsrat, Juan Gonzales, welche in Caracas auf Maduro zugegangen ist. Er hat diese Initiative dankend angenommen.
Die USA wollen allerdings nicht einfach Öl aus Venezuela geliefert bekommen, sondern es selbst fördern, wie aus dem Bericht des Weissen Hauses zum Treffen in Caracas zu entnehmen ist: Die USA verlangen, dass der Öl-Export nicht über den staatlichen Öl-Konzern von Venezuela läuft, sondern über US-Firmen, die den Markt gut kennen.
USA wollen Territorium zurückgewinnen
Neben der Energiesicherheit nach dem Öl-Embargo gegen Russland geht es den USA aber auch um Geopolitik. Sie wollen die Chinesen und die Russen aus der Region weghaben, die beide stark in Südamerika investierten. Mit einer eigenen Öl-Industrie in Venezuela können sie wieder Fuss fassen.
Venezuelas Präsident Maduro scheint also entschlossen, die Ukraine-Krise zu seinem Vorteil zu nutzen. Damit werde er sich kurzfristig sicher seine Macht aus ökonomischer Sicht sichern können, schätzt Karasek: «Die USA sorgen jetzt dafür, dass Venezuela wieder Öl verkaufen kann und die Sanktionen allmählich gelockert werden.»
Ein Versprechen
Politisch hat Maduro den USA im Gegenzug versprochen, 2024 freie Präsidentschaftswahlen abzuhalten. Wie stark zu dieser Zeit die Opposition sein wird, muss sich noch zeigen. Für den Moment ist aber laut Karasek klar: «Mit diesen Aussichten wird sich die Beziehung USA-Venezuela wieder verbessern, obwohl in Caracas – wie die USA selber sagen – ein Diktator sitzt.»