- In Istanbul demonstrierten gemäss den Agenturen Reuters und AP Hunderttausende Menschen gegen die Inhaftierung des Stadtpräsidenten Ekrem Imamoglu.
- Die Oppositionspartei CHP hat die Kundgebung unter dem Motto «Freiheit für Imamoglu» organisiert.
- Imamoglu hat sich per Brief aus dem Gefängnis an seine Unterstützer gewandt.
Mit der Grossdemo setzte sich die Serie von Protesten gegen die Haft des wichtigsten Rivalen von Präsident Recep Tayyip Erdogan fort. Die Bewegung ist inzwischen die grössten ihrer Art seit mehr als zehn Jahren.
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Bild 1 von 6. Hunderttausende haben sich am Samstag in Istanbul für eine Demonstration versammelt. Bildquelle: REUTERS/Umit Bektas.
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Bild 2 von 6. Die Menschen fordern die Freilassung des inhaftierten Präsidentschaftskandidaten Ekrem Imamoglu. Bildquelle: REUTERS/Dylan Martinez.
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Bild 3 von 6. Familienmitglieder von Imamoglu traten vor der Menge auf. Bildquelle: REUTERS/Umit Bektas.
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Bild 4 von 6. Die Demonstranten werfen dem autoritär regierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor, Imamoglu politisch kaltstellen und sich so seines wichtigsten Rivalen entledigen zu wollen. Bildquelle: REUTERS/Dylan Martinez.
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Bild 5 von 6. Zur Grossdemo hat die türkische Oppositionspartei CHP aufgerufen. Bildquelle: REUTERS/Umit Bektas.
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Bild 6 von 6. Seit der Verhaftung Imamoglus am 19. März kam es wiederholt zu Protesten und auch zu Strassenschlachten. (Bild vom 22.03.2025). Bildquelle: KEystone/AP Photo/Khalil Hamra.
Unter dem Jubel der Menschenmenge wurde ein Brief von Imamoglu vorgelesen. «Ich habe keine Angst, ihr steht hinter mir und an meiner Seite», heisst es darin. «Ich habe keine Angst, weil die Nation vereint ist. Die Nation ist vereint gegen den Unterdrücker.»
Der Vorsitzende der Oppositionspartei CHP, Ozgur Ozel, erklärte, Millionen von Türken forderten inzwischen Imamoglus Freilassung und Wahlen. Die Vorwürfe gegen den Stadtpräsidenten seien haltlos und politisch motiviert. Die CHP rief zum Boykott von Medien, Marken und Geschäften auf, die sie als Unterstützer von Erdogan einstuft.
Ich bin auf der Seite unserer jungen Leute und bewundere ihren Mut. Sie sind im Begriff, Geschichte zu schreiben.
Imamoglu hat sich auch in einem Gastbeitrag für die «New York Times» geäussert. Unter Erdogan habe sich die Türkei in eine «Republik der Angst» verwandelt, schrieb er. Doch trotz – oder gerade wegen – der Repressionen gegen Regierungskritiker leisteten die Menschen auf den Strassen beharrlich Widerstand.
In einer Botschaft auf der Plattform X bedankte er sich bei ihnen und schrieb: «Ich bin auf der Seite unserer jungen Leute und bewundere ihren Mut. Sie sind im Begriff, Geschichte zu schreiben.» Der 53-Jährige wird zurzeit im bekannten Marmara-Gefängnis in Silivri nahe Istanbul festgehalten.
Polizei ging brutal gegen Demonstranten vor
Der beliebte Oppositionspolitiker war am 19. März unter Verweis auf Korruptionsvorwürfe inhaftiert worden. Parallel laufen Ermittlungen wegen angeblicher Terrorunterstützung gegen ihn.
Seither sind landesweit Hunderttausende Menschen auf die Strasse gegangen. Die Demonstrationen verliefen meist friedlich, jedoch ging die Polizei mit teils brutaler Härte dagegen vor. Fast 2000 Menschen wurden bislang festgenommen.
Während die Demonstrationen vielerorts verboten sind, liess das Gouverneursamt in Istanbul dieses Protestverbot inzwischen auslaufen. Festnahmen gibt es allerdings weiterhin. Betroffen sind zunehmend auch Journalisten.
Am Donnerstag wurde ein BBC-Reporter festgenommen und aus der Türkei ausgeschafft. Ebenfalls am Donnerstag wurde ein Mitarbeiter der schwedischen Zeitung «Dagens ETC» laut deren Angaben nach der Landung in Istanbul zum Verhör abgeführt. Wie es mit ihm weitergeht, ist noch unklar.
Opposition fordert vorgezogene Neuwahlen
Eigentlich ist die nächste Präsidentenwahl in der Türkei für 2028 vorgesehen. Die Opposition hat jedoch erklärt, die Regierung habe ihre Legitimität verloren und müsse sich früher dem Volk stellen.
Die Regierung weist ihrerseits jeglichen Einfluss auf die Justiz zurück. Erdogan hat die Proteste als «Show» abgetan, vor rechtlichen Konsequenzen gewarnt und die CHP aufgefordert, die Türken nicht weiter zu provozieren.