- Tausende demonstrieren gegen die Festnahme von Istanbuls Stadtpräsidenten Ekrem Imamoglu.
- Imamoglu wird Korruption und Terrorunterstützung vorgeworfen. Kritiker sehen die Justiz als politisches Instrument Erdogans.
- In Istanbul gilt ein viertägiges Demonstrationsverbot. Soziale Netzwerke wurden blockiert, um Proteste zu erschweren.
Studierende mehrerer Universitäten in der Türkei haben am Tag nach der Festnahme des Istanbuler Stadtpräsidenten Ekrem Imamoglu weiter demonstriert. Wie das Nachrichtenportal «Birgün» berichtete, forderten Studierende der Istanbul-Universität unter anderem den Rücktritt der Regierung. Auch an der Galatasaray Universität in Istanbul, der Hacettepe Universität in Ankara und weiteren Hochschulen wurde demonstriert.
Die Partei von Imamoglu, die CHP, rief Menschen auf, sich auch am Donnerstagabend vor dem Stadtverwaltungsgebäude in Istanbul zu versammeln. Auch für Ankara gab es für den Abend einen Aufruf der CHP zu Protesten.
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Bild 1 von 3. Menschen rufen Parolen vor dem Rathaus von Istanbul, um gegen die Verhaftung von Ekrem Imamoglu zu protestieren. (20.3.2025). Bildquelle: AP Photo/Khalil Hamra.
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Bild 2 von 3. Polizisten stehen vor Universitätsstudenten, die an einer Demonstration gegen die Verhaftung des Istanbuler Stadtpräsidenten teilnehmen. (20. März 2025) . Bildquelle: REUTERS/Umit Bektas.
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Bild 3 von 3. Tausende Menschen demonstrieren in Istanbul gegen die Regierung. Bildquelle: Keystone/Ali Unal.
Ekrem Imamoglu, der als einer der aussichtsreichsten Herausforderer Erdogans bei der Präsidentenwahl 2028 gilt, wurde am Mittwochmorgen bei einer gross angelegten Razzia festgenommen. Offiziell lauten die Vorwürfe auf Korruption und Unterstützung terroristischer Gruppen. Kritiker halten die Justiz jedoch für politisch instrumentalisiert.
Hintergrund der polizeilichen Ermittlungen sind laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Kooperationen zwischen CHP und der prokurdischen Dem-Partei bei den Kommunalwahlen. Solche Bündnisse wurden in der Vergangenheit bereits genutzt, um Mehrheiten gegen Erdogans AKP zu gewinnen.
Mit Imamoglu wurden laut Anadolu 87 weitere Personen verhaftet, insgesamt laufen Ermittlungen gegen 106 Personen. Der CHP-Politiker wurde zur Polizeidirektion von Istanbul gebracht, wo er aussagen soll. Die türkische Anwaltsvereinigung rechnet damit, dass die Befragungen bis Sonntag andauern.
Demonstrationsverbot für vier Tage
Um weitere Proteste zu unterbinden, verhängte die Provinzverwaltung von Istanbul ein Demonstrationsverbot für vier Tage. Gleichzeitig sind soziale Netzwerke und Kurznachrichtendienste nur eingeschränkt nutzbar. Nutzer und Medien berichten seit Mittwoch von nur teilweise und kaum erreichbaren Portalen. Justizminister Yilmaz Tunc verteidigte das Vorgehen und kritisierte es als «anmassend», die Ermittlungen mit Erdogan in Verbindung zu bringen.
CHP-Chef Özgür Özel dagegen warf der Regierung vor, einen «Putschversuch gegen den nächsten möglichen Präsidenten» zu unternehmen. Erdogan habe Angst, dass Imamoglu ihn in einer fairen Wahl besiegen könnte.
Die CHP hat alle Menschen in der Türkei dazu aufgerufen, am Sonntag über seine Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten abzustimmen. Statt nur die Mitglieder fordert die Partei nun alle Menschen in der Türkei dazu auf, symbolisch für Imamoglu abzustimmen. Neben jeder der rund 4000 landesweit aufgestellten Wahlboxen für die 1.7 Millionen Parteimitglieder würden zusätzlich symbolisch «Solidaritätswahlboxen» aufgestellt, teilte die sozialdemokratische CHP mit.
EU äussert Besorgnis
Die EU-Kommission forderte die Türkei auf, demokratische Standards einzuhalten. «Als Mitglied des Europarats und EU-Beitrittskandidat muss die Türkei demokratische Werte respektieren», erklärte von der Leyen.