Für die UNO spielt sich im Jemen die schlimmste humanitäre Katastrophe unserer Zeit ab. Nun könnte es etwas Linderung für das kriegsgeschundene Land geben. Die Konfliktparteien verständigten sich in Stockholm auf eine Waffenruhe für die umkämpfte Hafenstadt Hudaida.
Die heutigen Einigungen werden das Leben von Millionen Menschen erleichtern.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte, die Einigung sehe einen Rückzug von Regierungstruppen und Rebellenkämpfern aus dem strategisch wichtigen Hafen sowie einen Waffenstillstand in der gesamten Provinz vor.
Die UNO werde bei der Kontrolle des Hafens, über den der Grossteil der humanitären Hilfe in den Jemen gelangt, eine «Schlüsselrolle» spielen, um die Hilfslieferungen zu erleichtern: «Die heutigen Einigungen werden das Leben von Millionen Menschen erleichtern», sagte Gutteres.
SRF-Auslandredaktor Philipp Scholkmann teilt die Hoffnung des UNO-Generalsekretärs. Zumindest, wenn es eine stabile Waffenruhe an dem strategisch entscheidenden Küstenstrich gebe: «Wenn die Menschen wieder auf die Märkte gehen können und die Spitäler wieder Medikamente haben, kann das abertausende Leben retten.»
Schliesslich helfe es Notleidenden im ganzen Land, wenn die wichtigste Handelsdrehscheibe im Jemen wieder intakt sei: «Auch in der belagerten Stadt Taes sollen Korridore für humanitäre Hilfe geöffnet werden. Das sind bedeutende Signale.»
Im Vorfeld der Gespräche sei man davon ausgegangen, dass diese gerade am umstrittenen Hudaida scheitern könnten. «Dass dieser Punkt Kern der Übereinkunft ist, lässt erstmals seit Jahren etwas Hoffnung aufkeimen», so Scholkmann.
Skepsis ist angebracht
Zum Abschluss der Gespräche reichten sich Jemens Aussenminister al-Jamani und der Rebellen-Verhandlungsführer Mohammed Abdelsalam die Hand. «Sie blieben in ihren Statements aber im Ungefähren», relativiert Scholkmann. Dies lasse Skepsis daran aufkommen, wie belastbar die Einigung sei. Jemens Aussenminister sagte, die Einigung bleibe bis zu ihrer Umsetzung durch die Gegenseite «hypothetisch».
Keine Einigung gab es hinsichtlich des Flughafens in der von den Rebellen kontrollierten Hauptstadt Sanaa, der seit knapp drei Jahren für kommerzielle Flüge geschlossen ist: «Auch in anderen gewichtigen Dossiers gab es keine Lösung, etwa beim Gefangenenaustausch oder den Beamtenlöhnen, die seit zwei Jahren nicht mehr bezahlt werden. Von diesen hängen Millionen Menschen ab», so Scholkmann.
Iran und die Saudis müssen sich zurückziehen
Auch gab es keine Fortschritte bei wirtschaftlichen Massnahmen, um der jemenitischen Bevölkerung zu helfen. «Und das alles sind nur die ‹humanitären Dossiers›. Von den grundsätzlichen Fragen, einem politischen Prozess für Jemen, ist man weit weg.»
Um echten Frieden zu erreichen, wird es auch Saudi-Arabien und Iran brauchen. Scholkmann bleibt skeptisch. Laut Analysten würden beide Seiten vom Krieg profitieren. Iran könne im Hinterhof des Rivalen Einfluss ausüben. Bei den Saudis wiederum gebe es gewichtige Stimmen, die überzeugt seien, dass der Krieg militärisch gewonnen werden könne.
Nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi ist das Prestige Saudi-Arabiens aber arg angeschlagen. «Viele Beobachter sagen, dass das Treffen überhaupt erst wegen des internationalen Drucks zustande kam. Im Januar wird man sehen, ob der Druck angehalten hat.» Dann ist eine zweite Verhandlungsrunde geplant. Dabei soll es um einen Rahmen für einen politischen Prozess gehen.