- In Frankreich haben in etlichen Städten erneut Hunderttausende Menschen gegen die geplante Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron demonstriert.
- Zum vierten Mal innerhalb eines Monats haben die Gewerkschaften am Samstag zu Protesten und Streiks aufgerufen.
- Die Gewerkschaften kündigten am Samstag eine härtere Gangart bei ihrem Kampf gegen die Reform an.
Auf dem Pariser Flughafen Orly hat ein überraschender Streik für Behinderungen gesorgt. Ab dem Mittag seien die Fluggesellschaften daher aufgerufen worden, die Hälfte ihrer Abflüge zu streichen, teilt die Zivilluftfahrtbehörde mit.
Nach Angaben des Innenministeriums beteiligten sich landesweit 963'000 Menschen an den Kundgebungen, die Gewerkschaften sprachen von 2.5 Millionen Teilnehmern. Über die umstrittene Reform läuft seit einer Woche eine turbulente Debatte im Parlament.
Die Gewerkschaften kündigten eine härtere Gangart bei ihrem Kampf gegen die Reform an. Am 7. März solle ein Generalstreik Frankreich komplett lahmlegen, auch tags darauf am Internationalen Frauentag soll gestreikt werden. Für die Pariser Verkehrsbetriebe wurden ebenfalls umfangreiche Streiks angekündigt. Bereits an drei vorangegangenen Protesttagen hatten Streiks zu Behinderungen in Frankreich geführt.
Bereits jetzt arbeiten viele Menschen in Frankreich länger als bis 62 Jahre, wenn sie mit Erreichen der Altersgrenze noch nicht lange genug für eine abschlagsfreie Rente eingezahlt haben. In vielen anstrengenden Berufen könnten die Menschen kaum länger arbeiten, meinen die Gegner der Reform. Ausserdem wollten die Beschäftigten ihre wohlverdiente Rente geniessen können und ihre Gesundheit nicht vollends im Job verschleissen.
Reform soll Defizit abwehren
Macron begründet die Reform mit einem drohenden Defizit in der Rentenkasse. Weil die Bevölkerung immer älter wird, müssten die Beschäftigten mit ihren Beiträgen für eine steigende Zahl von Rentnern aufkommen. Damit die Höhe der Rente stabil gehalten werden könne, müsse die Bevölkerung etwas mehr arbeiten. Die Kritiker zweifeln die Berechnungen der Regierung an und fordern, der Staat müsse andere Geldquellen finden, um das Rentensystem im Gleichgewicht zu halten.
Doch nicht nur am Rentenalter will die Regierung schrauben. Die bereits vor Jahren beschlossene Anhebung der nötigen Einzahldauer für eine volle Rente soll beschleunigt werden. Ausserdem sollen Einzelrentensysteme mit Privilegien für bestimmte Berufsgruppen abgeschafft werden. Die Mindestrente soll auf etwa 1200 Euro steigen.
Lang anhaltender Gegenwind
Die Rentenreform gilt als eines der wichtigsten Vorhaben von Präsident Macron. Während der Corona-Pandemie wurde ein erster Anlauf zur Umsetzung der Reform abgebrochen, schon damals gab es massive Proteste und Streiks. Schon etliche Präsidenten vor Macron bemühten sich mit unterschiedlichem Erfolg um Reformen des französischen Rentensystems – breiter Protest und Streiks waren allen gewiss.
Da Macrons Lager keine absolute Mehrheit im Parlament mehr hat, hofft es, die Reform mit Hilfe der konservativen Républicains durchzubringen, die Unterstützung angekündigt haben. Einige der Abgeordneten – selbst aus Macrons Fraktion – haben aber noch Vorbehalte.