Alle waren sie anwesend, die deutschen Regierungsmitglieder – inklusive Kanzler. Aber der musste erst einmal zuhören, denn es ist die grösste Oppositionspartei, die zuerst sprechen durfte. Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, gab sich auch schon angriffiger. Schliesslich zieht man bei diesem Krieg am selben Strick, in die gleiche Richtung. Merz konzentrierte sich auf die Finanzen.
Er warf der Regierung Beschönigung vor. Ein milliardenschwerer Ergänzungshaushalt sei ja quasi schon vorbereitet, sagte er an die Adresse der Koalition aus Grünen, SPD und FDP. «Und trotzdem legen sie in dieser Woche einen Bundeshaushalt vor, so als ob nichts gewesen wäre», so Merz. «Im Grunde genommen, wenn es richtig ist, was Sie sagen, Herr Bundeskanzler, mit der ‹Zeitenwende›, dann müssen Sie grosse Teile Ihres Koalitionsvertrages eigentlich heute neu verhandeln.»
Das eine tun, das andere nicht lassen
Tatsächlich ist von der Vereinbarung nicht mehr viel übrig. Schulden trotz Schuldenbremse, Verlängerung der fossilen Energien statt Ausstieg – und natürlich Aufrüstung. Und genau da will die Union der Regierung ganz besonders auf die Finger schauen und mitreden.
Merz konnte sich Seitenhiebe nicht verkneifen: «Die Ausgaben müssen Investitionen in die Bundeswehr sein und nichts anderes, nur für die Bundeswehr. Sie können von mir aus feministische Aussenpolitik machen. Feministische Entwicklungshilfepolitik, aber nicht mit diesem Etat für die Bundeswehr.»
Scholz bestätigte den Willen zur Aufrüstung. Aber sie dürfe und werde nicht auf Kosten von Kampf gegen Klimawandel und Pandemie oder auf Kosten der Digitalisierung gehen. «Ja, wir brauchen einen Staat, der für Stabilität und Sicherheit sorgt. Gerade jetzt», sagte er. «Aber zugleich brauchen wir einen Staat, der in die Zukunft investiert, der an der Seite der Bürgerinnen und Bürger steht. Das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, das ist unser Anspruch.» Ein vor allem auch teurer Anspruch.
Der Kanzler gab sich staatsmännisch und dankte allen Seiten, nicht ohne seine Rede mit etwas Optimismus abzuschliessen. Die Leute hätten verstanden, ohne Frieden sei alles nichts. Freiheit und Demokratie müsse man verteidigen. «Überall in unserem Land wird Solidarität sichtbar. Millionen Menschen spenden. Sie gehen zu Friedenskundgebungen, helfen Geflüchteten aus der Ukraine», so Scholz. Ihm mache das Mut. «In der Krise wachsen wir über uns hinaus. Es zeigt, wie viel Gutes in unserem Land steckt, und was wir gemeinsam bewegen können.»