Worum geht es? Ein Generalstreik aus Protest gegen die hohen Lebenshaltungskosten hat Athen am Mittwoch weitgehend lahmgelegt. Schiffe und Fähren blieben in den Häfen, Züge in den Depots. Auch Bus- und Taxifahrerinnen schlossen sich dem Streikaufruf des Gewerkschafts-Dachverbands GSEE an.
Hunderte Streikende zogen in Athen vor das Parlament, um für höhere Löhne zu demonstrieren, die noch immer hinter den Löhnen in anderen EU-Ländern zurückliegen. Die hohe Inflation und die Proteste setzen die konservative Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis zunehmend unter Druck.
Was kritisieren die Gewerkschaften? Die Gewerkschaften kritisieren, dass die Lohnerhöhungen nicht ausreichen, um mit den steigenden Lebensmittel- und Wohnkosten Schritt zu halten. «Die hohen Preise fressen jede Mindestlohnerhöhung auf», sagte der führende GSEE-Vertreter Nikos Kioutsoukis der Nachrichtenagentur Reuters. «Wir können nicht für eine weitere Krise bezahlen, wir können nicht so weitermachen, wir wollen Reallohnerhöhungen.»
Warum beschäftigt die Menschen das Thema aktuell? Laut ARD-Korrespondent Moritz Pompl bewegt das Thema die Menschen in Griechenland besonders seit dem Ukrainekrieg. Denn dieser habe für einen Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise gesorgt: «Dinge, die die Menschen direkt im Portemonnaie spüren.» Griechinnen und Griechen hätten jetzt nicht zum ersten Mal auf den Strassen auf die Bedingungen aufmerksam gemacht.
Wie steht es um die Konjunktur Griechenlands? «Es geht bergauf. Die Wirtschaft entwickelt sich sehr gut hier. Und trotzdem sind die Gehälter und Renten immer noch sehr niedrig. Deswegen ja auch die Forderung, dass das jetzt langsam angepasst werden muss», sagt Pompl gegenüber SRF.
Wie reagiert die Regierung? «Griechenland muss unter anderem die Schulden aus der Finanzkrise zurückzahlen. Deswegen ist die Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis vorsichtig, wenn es um Zusagen geht», erläutert Pompl. Dies habe man zuletzt bei den Landwirtinnen und Landwirten gesehen, die in Griechenland auch vor etwa zwei Monaten auf die Strasse gegangen seien.
«Bisher hat die immer wieder punktuell dafür gesorgt, dass sie der Bevölkerung helfen konnte, beispielsweise mit Einkaufsgutscheinen für Lebensmittel oder für einen Zuschuss bei den hohen Energiepreisen im Rahmen des Ukrainekrieges und zuletzt bei den Landwirten», so Pompl. Er ist aber der Meinung, dass eine allgemeine Anhebung des Niveaus gering spürbar sei.
Wie stark steht Mitsotakis unter Druck? Bei den letzten Parlamentswahlen sei der liberal-konservative Kyriakos Mitsotakis ganz klar bestätigt worden und erreichte das absolute Mehr. Den Menschen hier im Land fehle in gewisser Weise eine gute Alternative, schätzt Pompl.
«Es gibt ja die sozialdemokratische PASOK Partei, die aber in den Umfragen immer nur bei etwa 12 Prozent liegt und die linke Syriza, die bis 2019 die Regierung gestellt hat.» Diese sei jedoch abgestürzt und liege aktuell ebenfalls bei etwa 12 Prozent. «Insofern gibt es keine wirklich ernst zu nehmende Konkurrenz für Mitsotakis. Und ich könnte mir vorstellen, dass das Ergebnis nicht so gut ausfällt wie bei den letzten Parlamentswahlen hier in Griechenland.»