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Die Nea Dimokratia von Mitsotakis kann weiterregieren
Aus SRF 4 News aktuell vom 26.06.2023. Bild: Imago/Michalis Karagiannis
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Griechenland nach der Wahl «Die Griechen wollen kein Risiko mehr eingehen»

In Griechenland kann die konservative Nea Dimokratia von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis künftig mit absoluter Mehrheit regieren. Die in Athen lebende Journalistin Rodothea Seralidou weiss mehr über die Gründe, wieso die Partei im Volk ankommt.

Rodothea Seralidou

Rodothea Seralidou

Freie Journalistin

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Die Journalistin berichtet seit 2011 für SRF und ARD aus Griechenland. Sie lebt in Athen.

SRF News: Worauf ist der Erfolg der Nea Dimokratia zurückzuführen?

Rodothea Seralidou: Nach den turbulenten und unsicheren Jahren der grossen Finanzkrise hat die Nea Dimokratia in der letzten Legislaturperiode vieles zum Besseren verändert. Es gelang ihr, ein Klima der Stabilität zu schaffen und beispielsweise den Mindestlohn anzuheben – und das trotz Pandemie und Energiekrise. Die Griechinnen und Griechen wollten deshalb kein Risiko eingehen und wählten erneut die Konservativen.

Neues Wahlsystem

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Die Wahl vom Wochenende wurde nach einem neuen Wahlsystem abgehalten, das einen Bonus von zusätzlich 20 bis 50 Sitzen für die stärkste Partei vorsieht. Dadurch soll in Zeiten der zunehmenden Parteienzersplitterung eine Regierungsmehrheit möglich werden.

Dank 50 zusätzlichen Sitzen kommt die Nea Dimokratia nun auf 158 der insgesamt 300 Sitze im Parlament.

Die linke, frühere Regierungspartei Syriza, verlor gegenüber den letzten Wahlen zwei Prozentpunkte. Warum?

Sie hat es nicht geschafft, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. 2015 hatte Syriza noch 36 Prozent geholt und die Regierung gestellt. Doch die Partei konnte kaum etwas von ihren damaligen Versprechen umsetzen, das hallt bis heute nach. Ausserdem zeigte sie im jetzigen Wahlkampf ein düsteres, pessimistisches Bild Griechenlands, wohingegen Nea Dimokratia auf positive Botschaften und Bilder setzte.

Wie sieht die Zukunft der Syriza aus?

Sie steckt in einer tiefen Krise. Parteichef Alexis Tsipras sprach von einer «grossen Niederlage» und kündigte eine Umstrukturierung der Partei an. Nach seinem Willen sollen neue Gesichter die Partei künftig prägen, auch die Führungsfrage dürfte bald auf einem Parteikongress zur Sprache kommen.

Drei der acht Parteien im neuen Parlament sind extrem rechte Parteien, die zusammen auf 15 Prozent der Stimmen kommen. Was bedeutet das für die griechische Politik?

Dieser Wahlerfolg ist für viele Griechinnen und Griechen eine Überraschung. Er ist auch darauf zurückzuführen, dass diesmal rund 600'000 Wählende weniger zur Urne gingen als bei den letzten Wahlen vor fünf Wochen – das hat vor allem die extremen Parteien gestärkt.

Durch die extrem rechten Parteien im Parlament könnte ein allgemeiner Rechtsruck in der griechischen Politik eingeläutet werden.

Die Politik der extremen Rechten wird jetzt ins Parlament und in den politischen Diskurs eingebracht. Das betrifft etwa die Migrations- und Flüchtlingspolitik, die Rolle der Kirche oder die Rechte der LGBT-Community. Es wird befürchtet, dass dadurch ein allgemeiner Rechtsruck in der griechischen Politik eingeläutet werden könnte.

Was bedeutet es für Griechenland, dass die konservative Nea Dimokratia in den nächsten fünf Jahren alleine regieren kann?

Die drei extrem rechten Parteien im Parlament dürften auch innerhalb der Nea Dimokratia zu einem Rechtsruck führen. Auch sie versteht sich als patriotische Partei und hat in ihren Reihen einige populistische Politiker. Das könnte sich insbesondere auf die Flüchtlings- und Migrationspolitik auswirken.

Es sind kaum Überraschungen zu erwarten. Genau das wollen die Griechinnen und Griechen.

Bereits in den letzten vier Jahren verfolgte die Regierung bekanntlich eine sehr restriktive Migrationspolitik, es gab viele Berichte von Menschenrechtsverletzungen an der Grenze. Die Nea Dimokratia wird an dieser Politik sicher festhalten. Insgesamt sind von ihr kaum Überraschungen zu erwarten. Genau das wollen die Griechinnen und Griechen – und haben am Wochenende entsprechend gewählt.

Das Gespräch führte Isabelle Maissen.

SRF 4 News, 26.6.2023, 07:20 Uhr ; 

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