Die angesetzte Umbettung des Leichnams von Diktator Francisco Franco (1892-1975) findet in Spanien vorerst nicht statt.
Das Oberste Gericht in Madrid gab einem Einspruch der Familie des früheren Gewaltherrschers einstweilig statt.
Die Entscheidung sei von den Richtern einstimmig getroffen worden, teilte das «Tribunal Supremo» mit. Das endgültige Urteil des Gerichts wird in den kommenden Wochen erwartet.
Der Streit um die Umbettung hält in Spanien seit einem Jahr an. Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte schon kurz nach seiner Amtsübernahme im Juni 2018 angekündigt, die Gebeine aus dem «Tal der Gefallenen» an einen anderen Ort bringen zu wollen. Bis heute ist das riesige Mausoleum eine Pilgerstätte für Menschen, die den toten Diktator verehren.
Streit um neuen Friedhof des Leichnahm
Die sozialistische Regierung von Sánchez hatte dann im März 2019 nach monatelangen Diskussionen entschieden, dass die umstrittene Umbettung am 10. Juni stattfinden sollte. Man wolle die seit dem Tod Francos im sogenannten «Tal der Gefallenen» nordwestlich von Madrid ruhenden Gebeine unter Ausschluss der Öffentlichkeit exhumieren, hiess es damals. Die Familie sollte den Leichnam nach dieser Entscheidung noch am selben Tag auf dem Pardo-Friedhof nördlich der Hauptstadt neu bestatten.
Die Umbettung der Leiche war vom spanischen Ministerrat schon im August 2018 beschlossen worden. Die Familie des Diktators hatte allerdings bis zuletzt mitgeteilt, sie wolle einer Exhumierung nur dann zustimmen, wenn der Leichnam in ein angekauftes Familiengrab in der Almudena-Kathedrale von Madrid gebracht werde.
Die Regierung von Sánchez entgegnete mehrfach, man werde eine Verlegung in dieses Gotteshaus im Zentrum der Hauptstadt unter keinen Umständen zulassen.
Das Franco-Regime in Spanien
Unter Führung von General Francisco Franco putschten konservativ-monarchistische Militärs 1936 gegen die demokratisch gewählte, republikanische Regierung, was den spanischen Bürgerkrieg auslöste. Nach dessen Ende regierte Franco ab 1939 Spanien als Diktator. Unter dem rechten Franco-Regime kam es zu brutalen Säuberungsaktionen, in denen Hunderttausende politische Gegner verhaftet, in Konzentrationslager gesteckt, gefoltert und umgebracht wurden.
Während des Zweiten Weltkriegs wahrte Franco Neutralität und schaffte es, Spanien aus den Kriegswirren herauszuhalten – auch wenn zahlreiche Spanier als Freiwillige auf Seiten Nazi-Deutschlands an der Ostfront gegen die Sowjetunion kämpften. Während des Kalten Kriegs gehörte Diktator Franco zu den führenden Antikommunisten in Europa. Er verfolgte eine restriktive Aussenpolitik gegenüber der Sowjetunion und den Staaten des Ostblocks.
Die symbolischen Interventionen Spaniens im Koreakrieg und später im Vietnamkrieg an der Seite der USA beendete die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs anhaltende Isolation Spaniens und legitimierte das Franco-Regime international. Nach wirtschaftsliberalen Reformen kam es in den 1960er Jahren unter Francos Herrschaft in Spanien zum grössten Wirtschaftswachstum im 20. Jahrhundert – nicht zuletzt dank des blühenden Tourismus. Dies machte das Land zu einer der weltweit grössten Volkswirtschaften.
1969 ernannte Franco den späteren König Juan Carlos I. zu seinem Nachfolger. Zur gleichen Zeit nahm der Widerstand gegen das Franco-Regime zu, doch ein Machtwechsel konnte nicht erreicht werden. Erst mit dem Tod Francos am 20. November 1975 endete die Diktatur in Spanien. Im November gleichen Jahres wurde Juan Carlos zum König ernannt. Im Juni 1977 fanden die ersten freien Parlamentswahlen seit 1936 statt, das diktatorische Regime fand ein Ende. 1978 verabschiedete Spanien eine Verfassung und wurde zur konstitutionellen Monarchie.
Nach und nach wurden die von Anhängern Francos besetzten Ämter geräumt. Ein neuer Putschversuch rechter Militärs im Jahr 1981 scheiterte unter anderem daran, dass König Juan Carlos diesem entschlossen entgegen trat. 1982 übernahmen erstmals die Sozialdemokraten die Regierung. Ebenfalls 1982 trat Spanien dem transatlantischen Verteidigungsbündnis Nato bei, 1986 der Europäischen Union.
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