Darum geht es: Das Mausoleum von Diktator Francisco Franco im Tal der Gefallenen nordwestlich von Madrid ist seit Jahren eine Pilgerstätte für Rechtsextreme. Doch damit ist jetzt Schluss: Spaniens Oberstes Gericht wies die Berufung von Francos Angehörigen einstimmig zurück und beschloss, dass seine Gebeine exhumiert und auf einem Friedhof, auf dem auch andere Personen aus der Diktaturzeit beigesetzt sind, begraben werden sollen.
Die Bedeutung des Urteils: Dieses Urteil habe eine sehr grosse Bedeutung, sagt SRF-Iberien-Expertin Melanie Pfändler. Francisco Franco hat das Land fast 40 Jahre lang regiert, bis zu seinem Tod im Jahr 1975. «Das hat in der spanischen Gesellschaft tiefe Spuren hinterlassen, die bis heute spürbar sind.» Die Vertreter der Opferorganisationen, die sich für die Aufarbeitung der Ereignisse während der Diktatur einsetzen, seien denn auch enorm erleichtert. «Aber das sehen selbstverständlich nicht alle so», sagt Pfändler.
Die Rolle der Sympathisanten: Wie viele Anhänger der einstige General heute noch hat, lässt sich nur schwer beziffern. «Es gibt die ganz extremen Gruppierungen, die jedes Jahr am Geburtstag und am Todestag von Franco Feiern im Mausoleum veranstalten», erklärt Spanien-Kennerin Pfändler.
Die spanische Tageszeitung ‹El País› spricht vom ‹grössten symbolischen Erfolg›, der Sánchez seit seinem Amtsantritt im April gelungen ist.
Und es gibt die Partei Vox, die die Linie vertritt, dass Francos Diktatur durchaus auch ihre positiven Seiten gehabt habe, und dass man diese auch entsprechend würdigen sollte. Diese Partei holte bei den Wahlen im vergangenen April zehn Prozent der Stimmen. Und in diesen Kreisen hört man laut Pfändler auch Sätze wie: «Es ist so lange her. Warum sollen wir uns noch länger damit auseinandersetzen und alte Wunden aufreissen?»
Die politischen Auswirkungen: Am 10. November sind in Spanien wieder Wahlen. Der linken Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez kommt das Urteil sehr gelegen. Die spanische Tageszeitung «El País» spricht vom «grössten symbolischen Erfolg», der Sánchez seit seinem Amtsantritt im April gelungen ist. Es könne aber auch sein, dass Wähler von rechten Parteien sich durch das Urteil bestätigt fühlen in der Befürchtung, dass Sánchez die spanische Geschichte in den Schmutz ziehen will. «Das könnte den Konservativen oder gar nationalistischen Kräften Aufschwung verleihen.»
Die Reaktion der Angehörigen: Die Enkel von Francisco Franco geben sich nicht zufrieden mit diesem Verdikt. Die Familie hatte bereits im Voraus angekündigt, dass sie das Urteil weiterziehen werde; in einem ersten Schritt an das spanische Verfassungsgericht. Und dann möglicherweise bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Frage, die sich deshalb stellt, ist, ob Sánchez noch vor dem Wahltag die Genugtuung erhält, dass Francos Überreste exhumiert werden, oder ob ihm die Gelegenheit verwehrt wird, sich medienwirksam neben dem geöffneten Grab in Szene zu setzen.