Die Ausgangslage: Damit «ihr» Brexit-Abkommen sicher ratifiziert wird, braucht Premierministerin Theresa May 320 Stimmen im Parlament. Hierfür müsste sie grob gerechnet rund 100 Abgeordnete auf ihre Seite ziehen und noch doppelt soviele von einer Stimmenthaltung überzeugen. Am 11. Dezember soll das britische Parlament über das ausgehandelte Brexit-Abkommen abstimmen.
Tory-Loyalisten (Pro): Rund die Hälfte ihrer Parteifreunde im Unterhaus gelten als absolut loyal. Sie haben neben ihrem Mandat Jobs in der Regierung und müssten sie abgeben, um gegen das Abkommen zu stimmen. Insgesamt kann Theresa May auf circa 220 treue Parteifreunde hoffen.
Tory-Brexit-Hardliner (Contra): Sie führen die innerparteiliche Rebellion gegen die Premierministerin. Doch May bräuchte ihre Stimmen, um eine Chance zu haben. Zur Gruppe um den exzentrischen Hinterbänkler Jacob Rees-Mogg lassen sich rund 80 Mann zählen. Unklar ist, wie viele Parlamentarier aus dieser Gruppe sicher gegen den Deal stimmen werden. Knapp 30 Parlamentarier haben bereits versucht, May zu stürzen.
EU-freundliche Tories (unentschlossen): Am liebsten wäre ihnen eine möglichst enge Anbindung an die EU oder gar eine Abkehr vom Brexit. Die Gruppe um den ehemaligen Generalstaatsanwalt Dominic Grieve zählt rund 12 Abgeordnete. Im Abkommen dürften einige die Chance sehen, wenigstens einen harten Bruch mit der EU zu vermeiden.
Labour-Loyalisten (Contra): Sie spekulieren auf eine Neuwahl, sollte das Brexit-Abkommen scheitern. Rund 180 Abgeordnete dürften Labour-Chef Jeremy Corbyn folgen und gegen den Deal stimmen.
EU-freundliche Labour-Politiker (Contra): Innerhalb von Labour ist eine starke Bewegung entstanden, die ein zweites Referendum und eine Abkehr vom Brexit fordert. Die rund 60 Parlamentarier um den charismatischen Abgeordneten Chuka Umunna dürften das Abkommen ablehnen. Gestern wurde der Regierung eine überparteiliche Petition mit mehr als einer Million Unterschriften überreicht. Umunna twitterte dazu: «Egal ob Sie für den Austritt oder den Verbleib gestimmt haben, niemand hat für dieses Chaos gestimmt.»
Labour-Rebellen (Pro): Bis zu 20 Labour-Abgeordnete dürften versucht sein, für Mays Brexit-Abkommen zu stimmen. Einige sind selbst vom EU-Ausstieg überzeugt. Andere vertreten Wahlkreise mit einer grossen Brexit-Wählerschaft.
Nordirische Protestantenpartei DUP (Contra): Sie könnten das Zünglein an der Waage werden. May ist seit vergangenem Jahr und den vorgezogenen Neuwahlen auf die Stimmen der DUP angewiesen. Parteichefin Arlene Foster lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass ihre Partei, und somit auch die 10 Abgeordneten, das Abkommen nicht unterstützen will. Sie will keinen Sonderstatus für Nordirland akzeptieren, wie er im Brexit-Abkommen vorgesehen ist. Fraglich ist, ob sich die Nordiren mit Geldversprechen für ihre wirtschaftlich abgehängte Provinz kaufen lassen.
Weitere Oppositionsparteien (Contra): Die Schottische Nationalpartei, die Liberalen, Grüne und die Waliser Partei Plaid Cymru kommen gemeinsam auf rund 50 Abgeordnete. Die meisten haben sich klar gegen den Brexit positioniert und fordern ein zweites Referendum.