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Gewalt in Kongo-Kinshasa Warum der Konflikt mit der M23 im Ostkongo eskaliert

Im Ostkongo spitzt sich die Lage dramatisch zu: Dort kämpft die von Ruanda unterstützte Rebellenmiliz M23 gegen die kongolesische Regierungsarmee – und hat jetzt nach eigenen Angaben die strategisch wichtige Grenzstadt Goma erobert. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Kongo und Ruanda wurden abgebrochen. Der UNO-Sicherheitsrat ist gestern zusammengekommen – die Angst geht um, der Konflikt könnte eskalieren und sich auf die gesamte Region ausbreiten. Afrika-Korrespondentin Sarah Fluck erläutert die wichtigsten Fragen.

Sarah Fluck

Afrika-Korrespondentin

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Sarah Fluck ist seit 2024 Afrika-Korrespondentin von Radio SRF und lebt in der ugandischen Hauptstadt Kampala. Vor ihrem Engagement bei SRF war Fluck als freie Journalistin in Ostafrika tätig. Sie hat Afrikapolitik an der «School of Oriental and African Studies» (SOAS) in London studiert.

Wird in Goma noch gekämpft?

Die Lage im Stadtzentrum ist unübersichtlich: Die M23-Rebellen haben gestern Abend und in der Nacht weite Teile der Stadt eingenommen, aber das Zentrum noch nicht vollständig. Heute Vormittag wurden nach einer kurzen Ruhephase erneut Schüsse im Zentrum und an der Grenze zu Ruanda gehört. Es gibt Berichte über einen Gefängnisausbruch, Plünderungen und kongolesische Soldaten, die ihre Waffen an die UNO abgeben.

Wie ist die humanitäre Lage in der Stadt?

In der Millionenstadt gibt es seit fünf Tagen weder Strom noch Wasser, und die Spitäler sind überfüllt mit Kriegsverletzten. Es wurde ein dringender Aufruf zur Blutspende gestartet. Gestern flohen Tausende mit ihrem Hab und Gut in die Stadt – eine endlose Schlange. Viele fliehen bereits zum dritten oder vierten Mal in wenigen Monaten, von einem Dorf ins nächste, bis auch dieses der M23 in die Hände fällt. Rund um Goma wurden seit Jahresbeginn über 400'000 Menschen vertrieben. Ohne schnelle Hilfe droht die Lage weiter zu eskalieren.

Ein verletzter Mann im Spitalbett umgeben von drei Pflegefachfrauen.
Legende: Überfüllte Spitäler: Ein dringender Aufruf zur Blutspende wurde gestartet. Keystone/ Moses Sawasawa

Die M23 wird von Ruanda unterstützt. Was will Ruanda im Ostkongo?

Ruanda leugnet offiziell die Unterstützung der M23, doch Berichte der UNO und der USA sowie Zeugenaussagen belegen das Gegenteil. Vordergründig will Ruanda die Tutsi-Minderheit schützen, da viele Hutu-Verantwortliche nach dem Völkermord 1994 in den Kongo flohen und nie zur Rechenschaft gezogen wurden. Hintergründig spielen wirtschaftliche Interessen wie die Kontrolle über Rohstoffe eine Rolle. Doch der Konflikt wird nicht nur durch Rohstoffgier angeheizt – politische, soziale und historische Gründe sind ebenso relevant.

Die M23-Miliz

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Drei bewaffnete Männer in Tarnanzügen stehen nebeneinander.
Legende: M23-Rebellen in Kibumba, im Osten Kongos. (23.12.2022) Keystone/AP Photo/Moses Sawasawa

Die M23 ist eine bewaffnete Rebellengruppe. Sie wurde 2012 von ehemaligen Soldaten gegründet, die der kongolesischen Armee angehörten. Der Name M23 bezieht sich auf ein Friedensabkommen vom 23. März 2009, dessen Umsetzung sie als unzureichend kritisierten. Die Mitglieder der M23 stammen grösstenteils aus der Tutsi-Gemeinschaft. Die Geschichte der Tutsi in der Region ist geprägt von Konflikten, Vertreibungen und Diskriminierung, was die M23 als Rechtfertigung für ihren bewaffneten Kampf anführt.

Laut den Vereinten Nationen und dem US-Aussenministerium wird M23 von Ruanda und Uganda unterstützt. UNO-Experten werfen Ruanda vor, 3000 bis 4000 Soldaten an der Seite von M23 kämpfen zu lassen. Beide Länder bestreiten diese Vorwürfe.

Im November 2012 erlangte die M23 internationale Aufmerksamkeit, als sie die Stadt Goma einnahm, ein wichtiges wirtschaftliches und logistisches Zentrum im Ostkongo. Nach internationalem Druck zog sie sich zurück und erklärte 2013 ihren Aufstand für beendet. Seit 2021 ist die M23 jedoch wieder erstarkt und führt Offensiven gegen die kongolesische Armee. Dabei hat sie erneut Gebiete im Ostkongo erobert, was zu massiven Vertreibungen und einer Verschärfung der humanitären Krise geführt hat.

Ruanda gibt der kongolesischen Regierung die Schuld an der Eskalation. Hätte Kongo diese verhindern können?

Der Konflikt dauert seit über 30 Jahren an. Die Regierung und das Militär sind schwach, und Präsident Tshisekedi hat es nicht geschafft, wichtige Friedensvereinbarungen umzusetzen. Die Eskalation zeigt, dass grundlegende Probleme wie Misstrauen und unklare Machtverhältnisse ungelöst geblieben sind. Ein früheres und entschlosseneres Handeln hätte die Eskalation vielleicht verzögern können, aber wohl kaum verhindern.

EU-Aussenminister fordern Ruanda zum Truppenabzug auf

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Die Aussenminister der Europäischen Union fordern Ruanda auf, seine Unterstützung für die Rebellen im Osten des Nachbarlands Demokratische Republik Kongo zu stoppen und seine Truppen abzuziehen.

«Angriffe auf UNO-Friedenstruppen sind inakzeptabel», sagte die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas am Rande des Aussenministertreffens in Brüssel zu Journalisten.

Droht die Ausweitung des Kriegs?

Ja, das ist durchaus möglich. Viele Akteure sind beteiligt: Ruanda und Uganda unterstützen die M23, während Truppen der südafrikanischen Staatengemeinschaft, Burundi und Kenia die Regierung in Kongo-Kinshasa unterstützen. Kenias Präsident hat für die nächsten 48 Stunden einen ausserordentlichen Gipfel der Ostafrikanischen Staatengemeinschaft (EAC) einberufen, bei dem beide Kriegsparteien – Kongo und Ruanda – zusammenkommen sollen. Die nächsten Tage könnten entscheidend sein, um eine weitere Eskalation zu verhindern.

Brennender UN-Tanker.
Legende: Trotz verlängerter Mission und dem Versuch, die Bevölkerung zu schützen, vermeldete die UNO in der letzten Woche 13 getötete Soldaten. Die Lage bleibt kritisch. Keystone/ Moses Sawasawa

Klar ist: Die Menschen im Ostkongo haben Schreckliches erlebt, sei es durch das kongolesische Militär, die zahllosen Milizen oder die M23. Ihr Wunsch ist klar: Frieden und Sicherheit – unabhängig davon, wer ihnen dies bringt.

Rendez-Vous, 27.01.2025, 12:30 Uhr; flus;stal

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