Unser Volk ist dazu bestimmt, Wellen gen Norden loszuschlagen, um die Eisbarrieren zu brechen und an den Ufern des Pazifiks die Zivilisationen des Orients zu treffen.
Am 30. März 1867 unterschreiben der Aussenminister der Vereinigten Staaten, William H. Seward, und der russische Gesandte Eduard von Stockl in Washington einen Vertrag, der die Landmasse der Vereinigten Staaten um ein Gebiet so gross wie Mitteleuropa erweitern sollte.
Der Kaufpreis für das damalige Russisch-Amerika: 7.2 Millionen US-Dollar, was inzwischen rund 140 Millionen wären. Heute ist Alaska von grösster Bedeutung für die USA. Das Gebiet verfügt über gewaltige Ölvorkommen, Gold und Fischgründe und öffnet den Amerikanern das Tor zur Arktis.
Über 150 Jahre später blicken die USA erneut hoch in den Norden. Oder zumindest der designierte US-Präsident Donald Trump:
Für unsere nationale Sicherheit und den Frieden in der Welt ist es eine absolute Notwendigkeit, dass wir Grönland kontrollieren.
Schon während seiner ersten Amtszeit bekundete Trump sein «Interesse» an Grönland. Nun ist es ihm offenbar ernster denn je: Er will Dänemark das riesige Territorium entreissen. Der «Dealmaker» wittert offenbar ein Geschäft, das für die USA ähnlich lukrativ werden könnte wie der Kauf von Alaska.
Aber können die USA im 21. Jahrhundert einfach so die grösste Insel der Welt kaufen? Die Antwort: ein klares Jein. «Das Völkerrecht ermöglicht grundsätzlich einen Landkauf», sagt die Juristin Anna Petrig. Dabei gebe es aber gewisse Spielregeln, fügt die Professorin für Völkerrecht an der Universität Basel an.
Kaufvertrag mit Dänemark – Referendum in Grönland
Vor dem Zweiten Weltkrieg waren Landkäufe ohne Einbezug der Bevölkerung völkerrechtlich noch möglich. So etwa, als die USA Territorium von Frankreich und Spanien erwarben, aus denen Bundesstaaten wie Kalifornien, Florida, New Mexico und Louisiana wurden. Oder eben Alaska.
Seither regelt das Völkerrecht aber nicht mehr nur die Beziehungen zwischen den Staaten, sondern spricht auch der Bevölkerung Rechte zu – darunter das Recht auf Selbstbestimmung. «Kraft dieses Rechts können Menschen selber über ihren politischen Status bestimmen und ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung frei verfolgen», sagt Petrig.
Kopenhagen und Washington können sich also nicht einfach auf einen Kaufpreis einigen und über die Köpfe der Menschen auf Grönland hinweg entscheiden. Die dortige Bevölkerung muss eingebunden werden, zumal ihr Dänemark weitgehende Autonomierechte zugesteht. Klassischerweise könnte dies über ein Referendum auf der selbstverwalteten Insel geschehen.
Der grönländische Premierminister Múte Egede stellte bereits klar: «Wir werden niemals zum Verkauf stehen.» Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen äusserte sich wortgleich und ergänzte, nur Grönland könne über seine Zukunft entscheiden.
Völkerrechtlich stellen sich Trump also grosse Hindernisse in den Weg: Dänemark muss einem Verkauf zustimmen und die Menschen in Grönland ihrer Angliederung an die USA.
Hält sich Trump an die «Spielregeln»?
Ganz offensichtlich möchte Trump der Regierung in Kopenhagen aber ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen kann. So liess der künftige US-Präsident durchblicken, dass auch ein militärisches Eingreifen eine Option wäre, um sich Grönland einzuverleiben.
Das wäre jedoch völkerrechtswidrig. «Ein Vertrag, der aufgrund militärischen Drucks zustande kommt, ist ungültig», sagt Petrig. «Genauso wie eine Annexion, also ein Gebietserwerb durch militärische Gewalt.» Ob das Völkerrecht für Trump Verpflichtung oder Papiertiger ist, ist aber eine andere Frage.
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