- Die EU-Staaten wollen wegen der steigenden Migrantenzahlen an östlichen EU-Aussengrenzen ab Montag weitere Sanktionen gegen Belarus ergreifen.
- Konkret sollen Fluggesellschaften und andere Beteiligte an illegalen Schleuser-Aktivitäten sanktioniert werden.
- Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko droht mit einer scharfen Antwort im Fall neuer Sanktionen.
Tausende Migranten haben eine weitere Nacht an der östlichen EU-Aussengrenze zu Belarus in der Kälte verbracht. Staatsnahe belarussische Medien veröffentlichten Videos von hustenden und blutenden Menschen und warfen der polnischen Seite Einschüchterungsversuche durch vor.
Auf der anderen Seite berichten polnische Medien über «gewaltsame» Versuche von etwa 150 Personen, den Grenzzaun zu durchbrechen. Soldaten seien mit Gegenständen beworfen worden. Diese wiederum feuerten Warnschüsse in die Luft.
EU will Schraube gegen Lukaschenko anziehen
Die EU-Mitgliedsstaaten bringen derweil ein neues Sanktionsinstrument an den Start. Geplant ist unter anderem, Fluggesellschaften ins Visier zu nehmen, die Migranten aus Afrika oder Asien zur Weiterreise in die EU nach Belarus fliegen. Zudem müssen auch Reiseveranstalter Sanktionen fürchten. Die Hoffnung der EU ist, dass so nicht mehr so viele Menschen aus armen oder konfliktreichen Ländern nach Belarus kommen.
Am Donnerstagnachmittag soll zudem der UNO-Sicherheitsrat zur Lage an der östlichen EU-Aussengrenze tagen. Frankreich, Estland und Irland beantragten die Sitzung des mächtigsten UNO-Gremiums für den Nachmittag (Ortszeit) in New York, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitsratskreisen erfuhr. Der Rat soll hinter verschlossenen Türen tagen.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wandte sich direkt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin und forderte eine humane Lösung des Flüchtlingsproblems an der Grenze zwischen Polen, Litauen und Lettland sowie Belarus. Man müsse das Problem so lösen, «dass es human zugeht», sagte sie am Mittwochabend. «Das tut es im Augenblick leider nicht.»
Dreht Belarus das Gas ab?
In einer Sitzung mit ranghohen Funktionären äusserte der Machthaber in Belarus die Idee, Gaslieferungen in die EU zu stoppen. «Wir beheizen Europa, und sie drohen uns damit, die Grenze zu schliessen», sagte Lukaschenko. Ein Teil einer wichtigen russisch-europäischen Pipeline verläuft durch das Land. Die grösste Gasmenge fliesst aber durch die Ukraine und die Ostsee.
Der Machthaber warnte Polen davor, die Grenze komplett zu schliessen, und drohte mit Folgen. Zugleich warf er Polen eine Militarisierung des Konflikts vor.
Geleaste Flugzeuge als Problem
Der Führung in Belarus wird vorgeworfen, gezielt Migranten ins Land zu holen, um sie dann zur Weiterreise in die EU an die Grenze zu Polen zu bringen. Die Vermutung ist, dass sich Machthaber Alexander Lukaschenko damit für Sanktionen rächen will, die die EU wegen der Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition erlassen hat.
Umstritten war bis zuletzt, inwieweit in der EU ansässige Unternehmen gezwungen werden sollten, mit sofortiger Wirkung sämtliche Geschäftsbeziehungen zu der belarussischen Fluggesellschaft Belavia einzustellen.
Dies würde unter anderem zur Folge haben, dass Flugzeugleasing-Gesellschaften an die Airline ausgeliehene Maschinen zurückfordern müssten. Nach Angaben aus EU-Kreisen hatte Belavia zuletzt deutlich mehr als die Hälfte seiner Flugzeuge nur geleast.