Worum geht es? Finnland hat am Mittwoch angekündigt, alle Grenzübergänge an der Grenze zu Russland bis auf den nördlichsten zu schliessen und ab Freitagmorgen nur noch eine abgelegene arktische Route offenzulassen. Diese Grenzschliessungen erachtet der EU-Staat als nötig: Eine sprunghaft angestiegene Zahl von Menschen reist – vorwiegend aus dem Nahen Osten – ohne die erforderlichen Papiere mit Fahrrädern aus Russland ein und beantragt in Finnland Asyl. Nach Regierungsangaben waren es seit Anfang August etwa 700.
Wie lange gelten die Beschlüsse? Die Regelung Finnlands, dass nur noch der Grenzübergang Raja-Jooseppi in Lappland nördlich des Polarkreises geöffnet wird, gilt bis am 23. Dezember. An diesem Übergang können auch Asylanträge gestellt werden. Die finnisch-russische Grenze ist 1340 Kilometer lang.
Kommen sie wirklich mit dem Velo? Der Grenzübergang darf nur mit einem Fahrzeug überquert werden. «Es kommen tatsächlich Hunderte Geflüchtete ohne gültige Papiere aus dem Nahen Osten und aus Afrika», sagt Sabina Adler. Sie war früher Russlandkorrespondentin und arbeitet für den Deutschlandfunk. «Die finnische Seite wirft der russischen Seite vor, sie bringe die Menschen gezielt bis an die Grenze». Es sei nicht vorstellbar, dass sie mit Fahrrädern durch den Schnee die ganze Strecke gefahren seien. Zudem seien es oft Kinderfahrräder.
Wollen diese Leute nach Finnland? Viele von ihnen wollen gar nicht über die Grenze, sie werden dazu gedrängt. «Sie wollen gar nicht nach Finnland», sagt Adler. Sie haben keine Papiere, keine Visa, sie haben nicht einmal Winterschuhe.
Was sagt Russland dazu? Adler sagt, Russland gebe sich vollkommen ahnungslos. Sie täten alles, um den gestrandeten Menschen zu helfen, behaupteten die Russen. «Tatsächlich haben die russischen Grenzbeamten aber die Zusammenarbeit mit den finnischen Beamten beendet und prüfen nicht mehr, ob die Menschen ein Visum haben», sagt Adler. Vor dieser Politikänderung hatten die russischen Beamten jeweils geprüft, ob die Leute ein Visum haben.
Wer sind die Leidtragenden der Grenzschliessung – abgesehen von den instrumentalisierten Migranten? Es gibt russisch-finnische Familien, die auf beiden Seiten der Grenze leben und sich nicht mehr treffen können.
Welches Ziel verfolgt Russland mit dieser Strategie? «Es geht Russland darum, den Westen auf seine Belastungsfähigkeit zu prüfen», sagt Adler. Die EU wolle natürlich ihr Asylrecht weiter aufrechterhalten, auch bei Minustemperaturen über dem Polarkreis. «Finnland soll dafür verantwortlich gemacht werden, wenn diesen Menschen etwas passiert.»
Warum geht Russland ausgerechnet gegen Finnland vor? Finnland hat seine Neutralität aufgegeben und ist der Nato beigetreten. Das habe das politische Russland sehr geärgert, so die Russlandkennerin.