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Grenzkontrollen in Deutschland Olaf Scholz, die Schleuser und eine Zukunft im Containerdorf

Im Fernsehen sieht Deutschland sehr gut aus. Da gibt es Geld, Arbeit, ein Auto, vielleicht sogar einen Mercedes. Sicherheit für die Kinder, keinen Krieg, keine Verfolgung, keine Armut. Ein gutes Leben also. Über 220'000 Menschen, die meisten von ihnen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei, haben in diesem Jahr in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Und die Zahlen gehen weiter steil nach oben.

Für die allermeisten endet der Traum vom gelobten Land aber in einem Container. Ein paar armselige Quadratmeter Deutschland mit einer Perspektive, die gegen null tendiert. Städte und Gemeinden können nicht mehr, die Integrationskraft ist erschöpft. Und, noch gravierender: der Wille.

Kriminelle Schleuser bestimmen, wer nach Deutschland kommt

Der Druck ist vor allem an den Ostgrenzen Deutschlands enorm. Sachsen, Brandenburg – hier kommen jeden Tag Dutzende Menschen via Polen und Tschechien über die grüne Grenze. Eingepfercht in Lieferwagen, es ist lebensgefährlich. Schon lange bestimmen die kriminellen Schleuser, wer nach Deutschland kommt, nicht mehr die Behörden. Seit Wochen fordert die CDU-geführte Regierung in Sachsen: Es braucht endlich wieder richtige Grenzkontrollen, wie früher, mit Zöllner und so. Auch aus Bayern macht Wahlkämpfer und Ministerpräsident Markus Söder Druck: «Kanzler, handeln Sie endlich!»

Kanzler Olaf Scholz hat sich lange gegen stationäre Grenzkontrollen gewehrt. Auch aus Rücksicht auf die grünen Regierungspartner. Das Europa der offenen Grenzen sei in Gefahr, wichtiger sei der Schutz der EU-Aussengrenzen, die Migrationskrise sei nur mit allen EU-Partnern zu lösen. Scholz repetiert diese Sätze seit Wochen, im typischen Kanzler-Sound, betont unaufgeregt, selbstsicher, abgeklärt. Desinteressiert, sagen Kritiker. Doch am Wochenende sind Scholz und seine Innenministerin Nancy Faeser eingeknickt. Es könne jetzt «kurzfristige stationäre Grenzkontrollen» geben, heisst es nun. Die bisherigen «Schleierfahndungen» aber blieben bestehen.

Für 1000 Euro ins gelobte Land

Olaf Scholz, der Getriebene. Die Opposition wirft ihm Untätigkeit vor – und derweil legt die in Teilen rechtsextreme «Alternative für Deutschland», die AfD, unaufhaltsam zu. Die Umfragen sind klar: Ausser in Berlin ist die AfD mittlerweile in allen ostdeutschen Bundesländern stärkste Kraft, lässt SPD, CDU oder FDP meilenweit hinter sich. In der thüringischen Stadt Nordhausen hat ein AfD-Kandidat das Amt des Oberbürgermeisters am Sonntagabend nur knapp verpasst. Offenbar war all das nicht mehr zum Aushalten, jetzt sollen es die «stationären Grenzkontrollen» richten.

Viel mehr als Symbolpolitik ist das aber nicht. Schleuser fahren ihre Sprinter-Lieferwagen in der Regel nicht direkt an den Zöllnern vorbei – sondern suchen sich einsame Feldwege, rasen in horrendem Tempo über Felder und Wiesen, es rüttelt und schüttelt, für die Menschen im Laderaum der Horror. 1000 Euro kostet der Grenzübertritt, ein paar Kilometer aus Tschechien und Polen nach Deutschland, ins gelobte Land, dorthin, wo es gut aussieht im Fernsehen. Und die Realität eine ganz andere ist.

Stefan Reinhart

Leiter Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten

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Stefan Reinhart ist Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und Chef vom Dienst im Newsroom Zürich. Zuvor war er Deutschland-Korrespondent für SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Stefan Reinhart und Informationen zu seiner Person.

Video
Die Menschen auf Lampedusa werden registriert und in grössere Lager auf dem italienischen Festland gebracht.
Aus Tagesschau vom 18.09.2023.
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SRF 4 News, 20.9.2023, 14:30 Uhr

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